Freitag 29. März 2024

Fragen und Antworten zu Statistik und Motivenerhebung

 

Es wird behauptet, eine anonyme Abbruch-Statistik wäre frauenfeindlich. Sie gefährde das Selbstbestimmungsrecht von Frauen. Was ist davon zu halten?

Der Blick über den Tellerrand zeigt: Überall in Europa ist eine statistische Erfassung der Schwangerschaftsabbrüche selbstverständlich. Nirgendwo beschränkt sie die Entscheidungsfreiheit von Frauen. Die Abbruch-Statistik wird in anderen Ländern als wichtige gesundheits- und frauenpolitische Maßnahme verstanden.


Mehr zu wissen über Schwangerschaftsabbrüche würde ganz klar Vorteile für Frauen bringen. Die Wirksamkeit von Präventionsmaßnahmen und Hilfen kann nur durch die Erhebung von Zahlen überprüft werden. Wegsehen hilft niemandem, da Frauen dann mit ihren Problemen allein bleiben.

Wir betonen ganz klar: Die Anonymität der Frauen ist gesichert. Es ändert sich für sie nichts. Es werden keine Daten abgefragt, die nicht ohnehin im Anamnesegespräch erhoben werden. Meldepflichtig ist die Ärztin/der Arzt und auch diese/r bleibt anonym, da ihre/seine Daten nur zur Eingangskontrolle (wurde die Statistik korrekt gemeldet) verwendet wird.

 

Immer wieder wird geäußert, verlässliche Zahlen gibt es nur dann, wenn Schwangerschaftsabbrüche von der Krankenkasse bezahlt werden. Was ist davon zu halten?

Ob Abbrüche von der Krankenkasse bezahlt werden, ist eine von der Statistik unabhängige, politische Frage und muss, wenn man das möchte, davon unabhängig betrachtet und diskutiert werden. Abbruch-Statistiken gibt es in vielen Ländern, in denen keine Sozialversicherungsdaten dafür vorhanden sind, zum Beispiel in der Schweiz und in Deutschland. Die Meldung der Daten erfolgt unabhängig davon, gilt als unkompliziert und wenig aufwändig. Sowohl in der Schweiz wie auch in Deutschland werden Webportale mit gesicherten Zugängen dafür verwendet. Die Zahlen werden von den jeweiligen Statistikämtern ausgewertet und regelmäßig veröffentlicht.

 

Immer wieder wird behauptet, man brauche keine Zahlen. Man wisse ohnehin schon, was man tun müsse. Was meint die aktion leben dazu?

Gesundheitspolitik, die sich nicht an Fakten orientiert, läuft in Gefahr, an den Bedürfnissen vorbei zu arbeiten oder nichts zu tun. Derzeit basieren alle Überlegungen zu Schwangerschaftsabbrüchen in Österreich auf Schätzungen und Mutmaßungen und das kann nicht besser sein als über Fakten zu verfügen. Entwicklungen können nicht verfolgt werden. Österreich wird regelmäßig von internationalen Einrichtungen wie der WHO gerügt, weil wir als eines von wenigen Ländern keine Daten haben. Eine solide Datenbasis ist Grundlage für evidenzbasierte Medizin und für sachgerechte Politik.

 

Es wird behauptet, es gäbe Hunderte spezialisierte und geförderte Beratungsstellen für schwangere Frauen und ihre Partner in Österreich (Frauenberatungsstellen und Familienberatungsstellen). Genügt das nicht?
Das entspricht nicht der tatsächlichen Situation. Nur eine Handvoll Beratungsstellen ist auf die Beratung schwangerer Frauen spezialisiert und verfügt über besondere Kompetenz in dem Bereich. Viele Frauen kennen die speziellen Beratungsmöglichkeiten auch nicht, da die Bewerbung dafür gering gefördert wird und weder im Mutter-Kind-Pass noch in namhaften Webportalen öffentlicher Stellen darauf hingewiesen wird. Das ist tragisch, da die Frauen in großem Zeitdruck einen Hürdenlauf bewältigen müssen, um doch an die richtige Stelle zu kommen, oder sie finden sie gar nicht.

 

Ich möchte nicht, dass Frauen belästigt werden. Kann das garantiert werden?

Frauen werden sicher nicht belästigt. Es meldet die Ärztin oder der Arzt, was sie oder er im Rahmen des Anamnesegesprächs ohnehin erhebt, also z.B. das Alter der Frau, die Anzahl der geborenen Kinder, vorangegangene Abbrüche, Schwangerschaftsdauer etc. Diese Daten, die großteils vorliegen, müssten nur standardisiert und anonymisiert an das Statistische Zentralamt übermittelt werden, das dann regelmäßig einen Bericht veröffentlichen würde. So funktioniert das in anderen Ländern ohne Aufregung und Probleme. Die Mitwirkung an der Motivenerforschung wäre freiwillig, Frauen würden auch nicht unmittelbar nach dem Abbruch befragt, also auch nicht in dieser Situation belästigt.

 

aktion leben gibt es seit mittlerweile 60 Jahren. Müsste aktion leben nicht schon längst wissen, warum es zu Abbrüchen kommt und was dagegen unternommen werden kann?

Wir wissen aus vielen Tausend Beratungsgesprächen sehr viel. Wir sehen aber nur jene Frauen, die zu uns in die Beratung kommen. Das bedeutet, wir sehen nur einen Ausschnitt der Verhältnisse, der nicht zwingend das ganze Bild ergeben muss. In unsere Beratung kommen eher Frauen, die nach einem Weg mit dem Kind suchen beziehungsweise noch unentschlossen sind. Jene, die sich schon für einen Abbruch entschieden haben, kommen kaum zu uns. Genauso ist das Bild verzerrt, das sich manche Ärzte und Ärztinnen, die Abtreibungen durchführen, machen, denn auch sie sehen nur einen Ausschnitt der Realität.

 

Wozu also brauchen wir Zahlen und Fakten über Abtreibungen?

Die Statistik liefert die Grundlage für bedarfsgerechte und zielgruppenspezifische Maßnahmen. Deshalb ist sie wichtig. Eine Statistik, aus der keine Maßnahmen abgeleitet werden, wäre sinnlos. Statistiken sind darüber hinaus in den meisten Lebensbereichen selbstverständlich: Arbeitslosenrate, Krankheitszahlen, Geburtenstatistiken und viele andere mehr: das alles ist Statistik, die niemand infrage stellt und die für politische Entscheidungen wichtig ist. Die Statistik in der Schweiz wird wie folgt begründet:"Die Schwangerschaftsabbruchsstatistik liefert einen Überblick über die Schwangerschaftsabbrüche in der Schweiz. Sie lässt Veränderungen im Laufe der Zeit erkennen und gibt Hinweise auf notwendige oder mögliche präventive Maßnahmen“.

 

Einführung einer Statistik ist ein Angriff auf die Fristenregelung

Die Fristenregelung steht nicht zur Debatte. Es wäre mehr als bedauerlich, könnte mehr als 40 Jahre nach Einführung der Fristenregelung noch immer nicht sachlich über das Thema Schwangerschaftsabbruch gesprochen werden. Es geht um besseres Verstehen auf der Basis von mehr Wissen. Nur so kann die Politik das Ausmaß erfassen und konkrete Maßnahmen ableiten, die nicht im Strafrecht liegen können, sondern vielmehr sozialrechtlicher Natur sind.

 

Man muss nur einfach einen leichten Zugang zu Verhütung schaffen, dann ist das Problem gelöst. Wozu also eine Motivenerhebung?

Verhütung ist wichtig, aber nicht die einzige Form der Prävention. Dazu gehört umfassende Sexualpädagogik, Information über Fruchtbarkeit, Wissen um den weiblichen Zyklus und die Wirkungsweise von Verhütungsmitteln. Verhütung kann außerdem immer versagen, deshalb wird es auch immer ungeplante und ungewollte Schwangerschaften geben. Außerdem werden auch gewollte Schwangerschaften abgebrochen und ungewollte ausgetragen. Es steckt also oft noch mehr dahinter als Verhütungsversagen.

 

Die Schwangerenberatung von aktion leben

aktion leben berät in ihren Schwangeren-Beratungsstellen kostenlos und non-direktiv. Das Angebot umfasst Beratung im Schwangerschaftskonflikt, sozialrechtliche Information und Klärung, psychologische Begleitung, Beratung nach Abbrüchen bis zu praktischer Hilfe. Dazu zählen regelmäßige finanzielle Zuwendungen in Form von Patenschaften für Mutter und Kind oder Überbrückungshilfen. Die Unterstützung für schwangere Frauen in Notsituationen wird ausschließlich von unseren Spenderinnen und Spendern aufgebracht.

Ebenso setzt aktion leben auf Prävention durch Sexualpädagogik, Bildungs- und Öffentlichkeitsarbeit, bei der wir unter anderem für eine kinder- und elternfreundliche Gesellschaft eintreten.

 

Mehr zu aktion leben finden Sie unter www.aktionleben.at

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