BERICHT über die Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen

21.5.2021 - (2020/2215(INI))

Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter
Berichterstatter: Predrag Fred Matić


Verfahren : 2020/2215(INI)
Werdegang im Plenum
Entwicklungsstadium in Bezug auf das Dokument :  
A9-0169/2021

ENTWURF EINER ENTSCHLIESSUNG DES EUROPÄISCHEN PARLAMENTS

zu der Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen

(2020/2215(INI))

Das Europäische Parlament,

 gestützt auf Artikel 2 des Vertrags über die Europäische Union (EUV),

 gestützt auf die Artikel 5, 6 und 168 des Vertrags über die Arbeitsweise der Europäischen Union,

 unter Hinweis auf die Internationale Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD), die 1994 in Kairo stattfand, ihr Aktionsprogramm und die Ergebnisse ihrer Überprüfungskonferenzen,

 unter Hinweis auf die Erklärung des Gipfeltreffens von Nairobi zum 25. Jahrestag der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD) vom 1. November 2019 zum Thema „Die Erfüllung des Versprechens beschleunigen“ und auf die auf dem Gipfel angekündigten Zusagen von Partnerstaaten und gemeinschaftlichen Aktionen,

 unter Hinweis auf die Aktionsplattform von Peking und die Ergebnisse der nachfolgenden Überprüfungskonferenzen,

 unter Hinweis auf die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung, die am 25. September 2015 angenommen wurde und am 1. Januar 2016 in Kraft getreten ist, und insbesondere auf die Ziele für nachhaltige Entwicklung Nr. 3, 5 und 16 sowie die entsprechenden Indikatoren,

 unter Hinweis auf den „Contraception Atlas“ (Atlas der Empfängnisverhütung) von 2017, 2018, 2019 und 2020, in dem der Zugang zu Verhütungsmitteln im geografischen Europa bewertet wird und europaweit Ungleichheiten sowie die Tatsache hervorgehoben wird, dass der ungedeckte Bedarf an Verhütungsmitteln in einigen Teilen Europas bisher kaum wahrgenommen wurde,

 unter Hinweis auf das Übereinkommen der Vereinten Nationen vom 18. Dezember 1979 zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau (CEDAW) und die Allgemeinen Empfehlungen des CEDAW-Ausschusses Nr. 21 (1994), Nr. 24 (1999), Nr. 28 (2010), Nr. 33 (2015) und Nr. 35 (2017),

 unter Hinweis auf das Übereinkommen des Europarats zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt (Übereinkommen von Istanbul),

 unter Hinweis auf Artikel 6 des Übereinkommens der Vereinten Nationen vom 3. Mai 2008 über die Rechte von Menschen mit Behinderungen,

 unter Hinweis auf die Gemeinsame Mitteilung der Kommission und des Hohen Vertreters der Union für Außen- und Sicherheitspolitik vom 25. November 2020 mit dem Titel „EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP III) – Eine ambitionierte Agenda für die Gleichstellung der Geschlechter und die Stärkung der Rolle der Frau im auswärtigen Handeln der EU“ (JOIN(2020)0017),

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 26. November 2020 zu der De-facto-Abschaffung des Rechts auf Abtreibung in Polen[1],

 unter Hinweis auf den Entscheid des CEDAW-Ausschusses in der Sache „S.F.M. gegen Spanien“ vom 28. Februar 2020,

 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für die Gleichstellung und Nichtdiskriminierung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 25. September 2017 mit dem Titel „Förderung der Menschenrechte von intersexuellen Personen und Beendigung der Diskriminierung intersexueller Personen“,

 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für die Gleichstellung und Nichtdiskriminierung der Parlamentarischen Versammlung des Europarats vom 2. April 2015 mit dem Titel „Diskriminierung von Transgender-Personen in Europa“,

 unter Hinweis auf die Mitteilung der Kommission vom 5. März 2020 mit dem Titel „Eine Union der Gleichheit: Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter 2020–2025“ (COM(2020)0152),

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Februar 2019 zu den Rechten intersexueller Personen[2],

 unter Hinweis auf die Verordnung (EU) 2021/522 des Europäischen Parlaments und des Rates vom 24. März 2021 über ein Aktionsprogramm der Union im Bereich der Gesundheit („EU4Health“-Programm) für den Zeitraum 2021–2027 und zur Aufhebung der Verordnung (EU) Nr. 282/2014[3],

 unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Instituts für Gleichstellungsfragen vom 22. November 2019 mit dem Titel „Peking +25: fünfte Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking in den EU-Mitgliedstaaten“,

 unter Hinweis auf den Aktionsplan zur Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit des Regionalbüros der Weltgesundheitsorganisation (WHO) für Europa: Auf dem Weg zur Verwirklichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in Europa – Niemanden zurücklassen, der drei eng miteinander verbundene Zielsetzungen hat: „Befähigung aller Menschen zu mündigen Entscheidungen in Bezug auf ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und Gewährleistung, dass ihre Menschenrechte geachtet, geschützt und verwirklicht werden“, „Gewährleistung, dass alle Menschen das für sie erreichbare Höchstmaß an sexueller und reproduktiver Gesundheit und in dieser Hinsicht ein möglichst hohes Maß an Wohlbefinden genießen können“ und „Garantie eines allgemeinen Zugangs zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und Beseitigung bestehender Benachteiligungen“,

 unter Hinweis auf den Bericht des Europäischen Netzwerks des Internationalen Verbands für Familienplanung (IPPF EN) und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) mit dem Titel: „Sexuality Education in Europe and Central Asia: State of the Art and Recent Developments“ (Sexualerziehung in Europa und Zentralasien: Aktueller Stand und jüngste Entwicklungen),

 unter Hinweis auf die Partner-Umfrage des IPPF EN zum Abtreibungsrecht und seiner Umsetzung in Europa und Zentralasien,

 unter Hinweis auf die am 30. September 2020 von der Generaldirektion Interne Politikbereiche des Europäischen Parlaments veröffentlichte Studie mit dem Titel „The gendered impact of the COVID-19 crisis and post-crisis period“[4] (Geschlechtsspezifische Auswirkungen der COVID-19-Krise und der Nachkrisenzeit),

 unter Hinweis auf das Kurzdossier der UN Women vom 9. April 2020 mit dem Titel „The Impact of COVID-19 on Women“ (Die Auswirkungen von COVID-19 auf Frauen),

 unter Hinweis auf den Bericht der Vereinten Nationen vom 23. April 2020 mit dem Titel „COVID-19 und die Menschenrechte: Die Krise trifft uns alle“,

 unter Hinweis auf den Bericht des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen (UNFPA) vom 27. April 2020 mit dem Titel „Impact of the COVID-19 Pandemic on Family Planning and Ending Gender-based Violence, Female Genital Mutilation and Child Marriage“ (Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf die Familienplanung und die Beendigung der geschlechtsspezifischen Gewalt, der Verstümmelung weiblicher Genitalien und der Kinderheirat),

 unter Hinweis auf die Erklärung des UNFPA vom 28. April 2020 mit dem Titel „Millions more cases of violence, child marriage, female genital mutilation, unintended pregnancy expected due to the COVID-19 pandemic“ (Millionen weitere Fälle von Gewalt, Kinderheirat, Verstümmelung weiblicher Genitalien, unerwünschter Schwangerschaft aufgrund der COVID-19-Pandemie erwartet),

 unter Hinweis auf das Kurzdossier der Europäischen Frauenlobby mit dem Titel „Women must not pay the price for COVID-19!“ (Frauen dürfen nicht den Preis für COVID-19 zahlen!),

 unter Hinweis auf die am 27. Mai 2020 veröffentlichte Studie „The impact of sex and gender in the COVID-19 pandemic“ (Die Auswirkungen des biologischen und sozialen Geschlechts in der COVID-19-Pandemie) von Professorin Sabine Oertelt-Prigione,

 unter Hinweis auf die Leitlinie der WHO mit dem Titel „Safe abortion: technical and policy guidance for health systems“ (Sichere Abtreibung: technische und politische Leitlinien für Gesundheitssysteme),

 unter Hinweis auf die Strategie der WHO „Global strategy to accelerate the elimination of cervical cancer as a public health problem“ (Globale Strategie zur Beschleunigung der Eliminierung von Gebärmutterhalskrebs als Problem von gesundheitspolitischer Bedeutung),

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. November 2020 zu den Auswirkungen der COVID-19-Maßnahmen auf die Demokratie, die Grundrechte und die Rechtsstaatlichkeit[5],

 unter Hinweis auf den am 22. April 2020 veröffentlichten gemeinsamen Bericht des Europäischen Parlamentarischen Forums für sexuelle und reproduktive Rechte (EPF) und des Europäischen Netzwerks des Internationalen Verbands für Familienplanung (IPPF EN) mit dem Titel „Sexual and Reproductive Health and Rights during the COVID-19 pandemic“ (Sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte während der COVID-19-Pandemie),

 unter Hinweis auf Artikel 12 des Internationalen Paktes über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Bemerkung Nr. 22 des Ausschusses der Vereinten Nationen für wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte vom 2. Mai 2016 zum Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit,

 unter Hinweis auf die Artikel 2, 7, 17 und 26 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte,

 unter Hinweis auf die Allgemeine Bemerkung Nr. 36 des Menschenrechtsausschusses der Vereinten Nationen vom 30. Oktober 2018 zu Artikel 6 des Internationalen Paktes über bürgerliche und politische Rechte über das Recht auf Leben,

 unter Hinweis auf den Zwischenbericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen vom 3. August 2011 mit dem Titel „The right of everyone to the enjoyment of the highest attainable standard of physical and mental health“ (Das Recht eines jeden Menschen auf ein Höchstmaß an physischer und psychischer Gesundheit),

 unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen vom 4. April 2016 mit dem Titel „The right of everyone to the enjoyment of the highest attainable standard of physical and mental health“ (Das Recht eines jeden Menschen auf ein Höchstmaß an physischer und psychischer Gesundheit),

 unter Hinweis auf die Berichte der Sonderberichterstatterin der Vereinten Nationen für Gewalt gegen Frauen, ihre Ursachen und Folgen, einschließlich des Berichts vom 11. Juli 2019 über einen menschenrechtsbasierten Ansatz zur Bekämpfung von Misshandlung und Gewalt gegen Frauen im Bereich der reproduktiven Gesundheit mit Schwerpunkt auf Gewalt in den Bereichen Entbindung und Geburtshilfe,

 unter Hinweis auf die Erklärung der WHO aus dem Jahr 2015 zur Vermeidung und Beseitigung von Geringschätzung und Misshandlung bei Geburten in geburtshilflichen Einrichtungen,

 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für Gleichstellung und Nichtdiskriminierung des Europarats vom 16. September 2019 über geburtshilfliche und gynäkologische Gewalt,

 unter Hinweis auf die Richtlinie 2004/113/EG des Rates vom 13. Dezember 2004 zur Verwirklichung des Grundsatzes der Gleichbehandlung von Männern und Frauen beim Zugang zu und bei der Versorgung mit Gütern und Dienstleistungen[6],

 unter Hinweis auf den Bericht der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen vom 8. April 2016 zur Diskriminierung von Frauen qua Gesetz und in der Praxis, der auf der 32. Tagung des Menschenrechtsrats im Juni 2016 vorgelegt wurde,

 unter Hinweis auf Abschnitt II des Berichts der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen vom 14. Mai 2018 zur Diskriminierung von Frauen qua Gesetz und in der Praxis,

 unter Hinweis auf Abschnitt III des Berichts der Arbeitsgruppe der Vereinten Nationen vom 8. April 2016 zur Diskriminierung von Frauen qua Gesetz und in der Praxis,

 unter Hinweis auf den Bericht des Sonderberichterstatters der Vereinten Nationen vom 10. Januar 2019 über die Lage von Menschenrechtsverteidigern,

 unter Hinweis auf die Richtlinie 2011/24/EU des Europäischen Parlaments und des Rates vom 9. März 2011 über die Ausübung der Patientenrechte in der grenzüberschreitenden Gesundheitsversorgung[7],

 unter Hinweis auf die Richtlinie 2001/83/EG des Europäischen Parlaments und des Rates vom 6. November 2001 zur Schaffung eines Gemeinschaftskodexes für Humanarzneimittel[8],

 unter Hinweis auf die Gemeinsame Erklärung des Rates und der im Rat vereinigten Vertreter der Regierungen der Mitgliedstaaten, des Europäischen Parlaments und der Kommission vom 19. November 2018 mit dem Titel: „Der neue europäische Konsens über die Entwicklungspolitik: Unsere Welt, unsere Würde, unsere Zukunft“, in der die EU ihr Engagement für die Förderung, den Schutz und die Verwirklichung des Rechts jeder Person bekräftigt, über Angelegenheiten, die mit ihrer Sexualität und ihrer sexuellen und reproduktiven Gesundheit zusammenhängen, die vollständige Kontrolle zu behalten und frei und verantwortungsbewusst über diese Fragen zu entscheiden, ohne dabei Diskriminierung, Zwang oder Gewalt ausgesetzt zu sein,

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. November 2019 zur Kriminalisierung der Sexualerziehung in Polen[9],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 13. Februar 2019 zur Erfahrung von Gegenreaktionen gegen die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter in der EU[10],

 unter Hinweis auf seine Entschließung vom 14. Februar 2017 zur Förderung der Gleichstellung der Geschlechter in den Bereichen psychische Gesundheit und klinische Forschung[11],

 unter Hinweis auf den am 7. März 2011 vom Rat angenommenen Europäischen Pakt für die Gleichstellung der Geschlechter (2011–2020),

 unter Hinweis auf die Empfehlung des Rates vom 2. Dezember 2003 zur Krebsfrüherkennung[12],

 unter Hinweis auf die Europäischen Leitlinien für die Qualitätssicherung bei der Früherkennung von Gebärmutterhalskrebs vom 7. Mai 2008 und die Europäischen Leitlinien für die Qualitätssicherung bei der Früherkennung und Diagnose von Brustkrebs vom 12. April 2006,

 unter Hinweis auf das Themenpapier des Menschenrechtskommissars des Europarats von Dezember 2017 zum Thema „Women‘s sexual and reproductive health and rights in Europe“ (Sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte von Frauen in Europa),

 unter Hinweis auf die Strategie 2017–2021 der WHO für die Gesundheit und das Wohlbefinden von Frauen in der Europäischen Region der WHO und den Aktionsplan 2016 zur Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit: Auf dem Weg zur Verwirklichung der Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung in Europa – Niemanden zurücklassen,

 unter Hinweis auf die globale Strategie für die Gesundheit von Frauen, Kindern und Jugendlichen 2016–2030 der WHO,

 unter Hinweis auf die Standards des WHO-Regionalbüros für Europa und der Bundeszentrale für gesundheitliche Aufklärung (BZgA) für die Sexualerziehung in Europa: Rahmenkonzept für politische Entscheidungsträger, Bildungseinrichtungen, Gesundheitsbehörden, Expertinnen und Experten, sowie auf die Leitlinien der UNESCO: „International technical guidance on sexuality education: an evidence-informed approach“ (Internationale technische Leitlinien zur Sexualerziehung: ein wissenschaftlich fundierter Ansatz),

 unter Hinweis auf den Beschluss des Europäischen Ausschusses für soziale Rechte vom 30. März 2009 zur Sammelbeschwerde Nr. 45/2007 des Internationalen Zentrums für den rechtlichen Schutz der Menschenrechte (INTERIGHTS) gegen Kroatien und die Allgemeine Bemerkung Nr. 15 des Ausschusses der Vereinten Nationen für die Rechte des Kindes vom 17. April 2013 zum Recht des Kindes auf ein Höchstmaß an Gesundheit (Artikel 24), in der betont wird, dass Jugendliche Zugang zu angemessenen und objektiven Informationen über sexuelle und reproduktive Fragen haben sollten,

 unter Hinweis auf den Weltbevölkerungsbericht 2019 des Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen mit dem Titel „Unfinished Business: Rechte und Entscheidungsfreiheit für alle“,

 gestützt auf Artikel 54 seiner Geschäftsordnung,

 unter Hinweis auf die Stellungnahme des Entwicklungsausschusses,

 unter Hinweis auf den Bericht des Ausschusses für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter (A9-0169/2021),

A. in der Erwägung, dass sexuelle und reproduktive Gesundheit ein Zustand des körperlichen, emotionalen, geistigen und sozialen Wohlbefindens in Bezug auf alle Aspekte der Sexualität und Reproduktion ist, nicht nur das Fehlen von Krankheit, Dysfunktion oder Gebrechen, sowie in der Erwägung, dass jede einzelne Person das Recht hat, Entscheidungen über den eigenen Körper ohne Diskriminierung, Zwang und Gewalt zu treffen[13], sowie Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu erhalten, die dieses Recht unterstützen und sich durch eine positive Haltung zur Sexualität und zur Reproduktion auszeichnen, da die Sexualität ein wesentlicher Bestandteil des menschlichen Lebens ist;

B. in der Erwägung, dass der Ausdruck „sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte“ laut der Weltgesundheitsorganisation (WHO) eine Sammelbezeichnung für verschiedene Belange ist, die Männer und Frauen sowie Jungen und Mädchen gleichermaßen betreffen, und für vier gesonderte Bereiche steht, nämlich sexuelle Gesundheit, sexuelle Rechte, reproduktive Gesundheit und reproduktive Rechte, die auf den Rechten aller Individuen auf Respekt für ihre körperliche Unversehrtheit und ihre persönliche Autonomie gründen, sowie auf dem Recht der freien Definition ihrer eigenen Sexualität, einschließlich ihrer sexuellen Orientierung, ihrer Geschlechtsidentität und deren Ausdruck, dem Recht der freien Auswahl ihrer Sexualpartner und der freien Entscheidung, ob und wann sie sexuell aktiv sein möchten, dem Recht, sichere sexuelle Erfahrungen zu machen sowie zu entscheiden, ob, wann und wen sie heiraten möchten, ob und mit welchen Mitteln sie ein Kind oder mehrere Kinder bekommen, und wie viele Kinder sie haben möchten, und auf dem Recht auf lebenslangen Zugang zu Informationen, Ressourcen, Dienstleistungen und Unterstützung, die notwendig sind, um all dies frei von Diskriminierung, Zwang, Ausbeutung und Gewalt zu erreichen;

C. in der Erwägung, dass die sexuellen und reproduktiven Rechte durch internationale und europäische Menschenrechtsnormen, wie dem Internationalen Pakt über bürgerliche und politische Rechte, dem Internationalen Pakt über wirtschaftliche, soziale und kulturelle Rechte, dem Übereinkommen zur Beseitigung jeder Form von Diskriminierung der Frau und der Europäischen Menschenrechtskonvention, als Menschenrechte geschützt sind und ein wesentliches Element einer umfassenden Gesundheitsversorgung darstellen; in der Erwägung, dass das Recht auf Gesundheit und insbesondere die mit der sexuellen und reproduktiven Gesundheit einhergehenden Rechte zu den unveräußerlichen Grundrechten der Frau gehören, die gestärkt werden sollten und in keiner Weise verwässert oder entzogen werden dürfen; in der Erwägung, dass die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte ein wesentliches Element der Menschenwürde darstellt sowie untrennbar mit der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt verbunden ist; in der Erwägung, dass der Körper einer Person, ihre Wahl und ihre völlige Autonomie geachtet und gewährleistet werden sollten;

D. in der Erwägung, dass die Europäische Union unmittelbar dafür zuständig ist, in ihrem auswärtigen Handeln die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu fördern; in der Erwägung, dass es nicht in die unmittelbare Zuständigkeit der Europäischen Union fällt, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte innerhalb der Union zu fördern, die Mitgliedstaaten jedoch auf der Grundlage der offenen Koordinierungsmethode zusammenarbeiten; in der Erwägung, dass das Europäische Parlament die Mitgliedstaaten dazu auffordert und darin bestärkt und unterstützt, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte für alle zu fördern;

E. in der Erwägung, dass geschlechtsspezifische Gewalt weit verbreitet ist und aufgrund der COVID-19-Pandemie weiter zugenommen hat; in der Erwägung, dass aufgrund tief verwurzelter Geschlechtsstereotype und der daraus resultierenden sozialen Normen schätzungsweise 25 % der Frauen im Verlaufe ihres Lebens eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt erfahren und unzählige Frauen im Rahmen ihrer Intimbeziehungen und im öffentlichen Raum Opfer sexueller Übergriffe und Belästigungen werden;

F. in der Erwägung, dass Verstöße gegen die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte Verstöße gegen die Menschenrechte darstellen, insbesondere gegen das Recht auf Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit, Gleichheit, Nichtdiskriminierung, Gesundheit und Bildung, Würde, Privatsphäre und Freiheit von unmenschlicher und erniedrigender Behandlung; in der Erwägung, dass Verstöße gegen die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte eine Form der Gewalt gegen Frauen und Mädchen darstellen und den Fortschritt hin zur Geschlechtergleichstellung behindern[14];

G. in der Erwägung, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu den Zielvorgaben des Ziels der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung Nr. 3 gehören, und in der Erwägung, dass die Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt und schädlicher Praktiken Gegenstand von Zielvorgaben des Nachhaltigkeitsziels Nr. 5 ist;

H. in der Erwägung, dass die EU zwar einige der weltweit höchsten Standards im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte hat und einige Mitgliedstaaten Maßnahmen und Programme umgesetzt haben, die die sexuellen und reproduktiven Rechte schützen, es aber nach wie vor Herausforderungen, Mängel beim Zugang und bei der Erschwinglichkeit, Lücken, Unterschiede und Ungleichheiten bei der Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte innerhalb der EU sowie der einzelnen Mitgliedstaaten aus Gründen des Alters, des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Klasse, der Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung, des Familienstands, des sozioökonomischen Status, einer Behinderung, einer Erkrankung an HIV (oder einer anderen sexuell übertragbaren Krankheit), der Nationalität oder sozialen Herkunft, des rechtlichen Status oder des Migrationsstatus, der Sprache, der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität gibt;

I. in der Erwägung, dass zu den Herausforderungen und Hindernissen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte unter anderem Hindernisse rechtlicher, finanzieller, kultureller und informationsbezogener Natur gehören, die beispielsweise Folgendes betreffen: fehlender Zugang zu allgemeinen, hochwertigen und erschwinglichen Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, Mangel an umfassender, altersgemäßer und evidenzbasierter Sexualerziehung, insbesondere vor dem Hintergrund, dass der Genuss der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte für LGBTI-Personen ernsthaft beeinträchtigt sein kann, weil die Vielfalt der sexuellen Orientierungen, Geschlechtsidentitäten, geschlechtlichen Ausdrucksformen und Geschlechtsmerkmale in den Sexualkunde-Lehrplänen keine Berücksichtigung findet; mangelnde Verfügbarkeit von modernen Verhütungsmethoden, Verweigerung der medizinischen Versorgung aufgrund persönlicher Überzeugungen, gesetzliche Beschränkungen und praktische Hindernisse beim Zugang zu Diensten im Bereich der Abtreibung, Verweigerung der medizinischen Versorgung bei Schwangerschaftsabbrüchen, Zwangsabtreibung, geschlechtsbezogene Gewalt, gynäkologische und geburtshilfliche Gewalt, Zwangssterilisation, auch vor dem Hintergrund der rechtlichen Anerkennung des Geschlechts, Einschüchterung, grausame und erniedrigende Behandlung, Unterschiede und Lücken bei der Müttersterblichkeit und bei der Unterstützung für die psychische Gesundheit der Mütter, steigende Kaiserschnittquoten, fehlender Zugang zur Behandlung von Gebärmutterhalskrebs, begrenzter Zugang zu medizinisch unterstützten Reproduktions- und Fruchtbarkeitsbehandlungen, Schwierigkeiten beim Zugang zu den erforderlichen Produkten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der diesbezüglichen Rechte, hohe Raten bei sexuell übertragbaren Infektionen und HIV, hohe Schwangerschaftsraten bei Jugendlichen, schädliche Geschlechterstereotypen und geschlechtsbezogene Praktiken wie Genitalverstümmelung bei Frauen und intersexuellen Personen, Früh- und Zwangsverheiratung, Kinderehen und Ehrenmorde und sogenannte „Konversionsmaßnahmen“, die die Form sexueller Gewalt annehmen können, wie die „korrigierende Vergewaltigung“ von lesbischen und bisexuellen Frauen und Mädchen sowie von Transgender-Personen und rückständige oder ideologisch motivierte gesetzliche Bestimmungen, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte einschränken;

J. in der Erwägung, dass Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit wesentliche Gesundheitsdienste sind, die für jedermann verfügbar sein und Folgendes umfassen sollten: eine umfassende, evidenzbasierte und altersgemäße Sexualaufklärung und einen entsprechenden Beziehungsunterricht; Information, vertrauliche und unvoreingenommene Beratung sowie Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und des damit verbundenen Wohlbefindens; Information und Beratung über eine moderne Empfängnisverhütung sowie Zugang zu einem breiten Spektrum von modernen Verhütungsmitteln; pränatale, geburtshilfliche und postnatale Betreuung; Betreuung durch Hebammen; Geburtshilfe und Versorgung von Neugeborenen; sichere und legale Abtreibungsdienste sowie Betreuung, einschließlich der Behandlung von Komplikationen nach einer unsicheren Abtreibung; Prävention und Behandlung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen; Dienste zur Aufdeckung, Verhütung und Behandlung sexueller und geschlechtsbezogener Gewalt; Prävention, Erkennung und Behandlung von Krebserkrankungen des Geschlechtsapparats, einschließlich von Gebärmutterhalskrebs; Fertilitätsbetreuung und -behandlung;

K. in der Erwägung, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte Menschenrechte sind und von den EU-Mitgliedstaaten in Einklang mit internationalen Menschenrechtsnormen geachtet werden müssen; in der Erwägung, dass die Achtung der Menschenrechte unerlässlich für das Funktionieren einer Demokratie ist; in der Erwägung, dass Menschenrechte, Demokratie und Rechtsstaatlichkeit voneinander abhängen; in der Erwägung, dass alle diese Werte der EU von allen EU-Mitgliedstaaten umfassend geachtet werden müssen;

L. in der Erwägung, dass die sexuelle Gesundheit eine Grundvoraussetzung für die allgemeine Gesundheit und das allgemeine Wohlbefinden von Einzelpersonen, Paaren und Familien sowie für die soziale und wirtschaftliche Entwicklung von Gemeinschaften und Ländern ist und in der Erwägung, dass der Zugang zu Gesundheit, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, ein Menschenrecht ist; in der Erwägung, dass die Bereitstellung von Sexual- und Gesundheitserziehung in der Mehrzahl der Mitgliedstaaten bereits in der einen oder anderen Form vorgeschrieben ist;

M. in der Erwägung, dass die WHO Infertilität definiert als „eine Erkrankung des Reproduktionssystems, bei der es trotz regelmäßigem ungeschützten Geschlechtsverkehr innerhalb von einem Jahr zu keiner klinischen Schwangerschaft kommt“; in der Erwägung, dass diese Definition nicht die Realität von lesbischen und bisexuellen Frauen sowie von Transgender-Personen in gleichgeschlechtlichen Paaren oder von alleinstehenden Frauen einbezieht, die an Fertilitätsoptionen interessiert sind, was die sozialrechtlichen Herausforderungen beim Zugang zu künstlicher Befruchtung (assisted reproductive technologies, ART) erhöht, mit denen sie infolge ihres Augenmerks darauf, der Unfruchtbarkeit zu begegnen, bereits konfrontiert sind; in der Erwägung, dass lesbische und bisexuelle Frauen unter Umständen nicht in der Lage sind, ihre „Unfruchtbarkeit“ zu beweisen, und ihnen daher der Zugang zur künstlichen Befruchtung verwehrt wird[15];

N. in der Erwägung, dass Transmänner und Personen mit nichtbinärer Geschlechtsidentität unter bestimmten Umständen auch schwanger werden können und ihnen in diesem Fall Maßnahmen für die Schwangerschaftsbetreuung und Geburtshilfe ohne Diskriminierung aus Gründen ihrer Geschlechtsidentität zugute kommen sollten;

O. in der Erwägung, dass niemand bei der Entbindung sterben sollte und dass der Zugang zu einer evidenzbasierten, hochwertigen und erschwinglichen Mutterschaftsfürsorge, Schwangerschaftsbetreuung und Geburtshilfe ein Menschenrecht ist und ohne jede Diskriminierung gewährleistet sein muss;

P. in der Erwägung, dass Schwangere bei der Entbindung unterschiedlichen medizinischen Zwangseingriffen unterzogen werden, einschließlich körperlicher und verbaler Misshandlung, Nahtversorgung von Geburtsverletzungen ohne Schmerzlinderung, Missachtung ihrer Entscheidungen und mangelnder Achtung ihrer informierten Einwilligung, die Gewalt und einer grausamen und unmenschlichen Behandlung gleichkommen können;

Q. in der Erwägung, dass eine umfassende, evidenzbasierte, nichtdiskriminierende und altersgemäße Sexualerziehung auf der Grundlage eines rechtebasierten und geschlechtsspezifischen Ansatzes, wie in den internationalen technischen Leitlinien der UNESCO dargelegt, verantwortungsvolles sexuelles Verhalten begünstigt und Kinder und junge Menschen stärkt, da durch sie genaue und altersgemäße Informationen über Sexualität bereitgestellt werden, mit denen sexuelle und reproduktive Gesundheitsfragen geklärt werden, einschließlich, jedoch nicht begrenzt auf: menschliche Entwicklung; sexuelle und reproduktive Anatomie und Physiologie; Einverständnis, Pubertät und Menstruation; Fortpflanzung, moderne Empfängnisverhütung, Schwangerschaft und Geburt; sexuell übertragbare Infektionen; Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich schädlicher Praktiken wie zum Beispiel Früh- und Zwangsverheiratung, Kinderehen und Verstümmelung weiblicher Genitalien; in der Erwägung, dass eine umfassende altersgemäße Sexualaufklärung von entscheidender Bedeutung für den Aufbau der Fähigkeit von Kindern und Jugendlichen ist, gesunde, gleichberechtigte und sichere Beziehungen aufzubauen, indem insbesondere Themen wie Geschlechternormen, die Gleichstellung der Geschlechter, Machtdynamiken innerhalb von Beziehungen, Einverständnis sowie Achtung der eigenen Grenzen und der Grenzen der anderen angesprochen werden, und zur Gleichstellung der Geschlechter beiträgt;

R. in der Erwägung, dass die fehlende Verfügbarkeit wissenschaftlich genauer und evidenzbasierter Informationen und Bildung das Recht des Einzelnen verletzt, ihn daran hindert, sachkundige Entscheidungen über seine eigene und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu treffen und dadurch schädigt, und eine gesunde Haltung zur Gleichstellung der Geschlechter untergräbt;

S. in der Erwägung, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit Menstruationshygiene und Gesundheitspflege sowie systembedingte und sozioökonomische Faktoren der Stigmatisierung und Diskriminierung im Zusammenhang mit der Menstruation umfasst; in der Erwägung, dass Periodenarmut, d. h. der eingeschränkte Zugang zu Sanitärprodukten, eine von zehn Frauen in Europa betrifft und durch die geschlechtsbezogene verzerrte Besteuerung von Menstruationshygieneprodukten in der EU verschärft wird; in der Erwägung. dass Scham, Menstruationsschmerzen, die nicht behandelt werden, und diskriminierende Traditionen zu Schulabbrüchen sowie zu geringeren Anwesenheitsquoten bei Schulmädchen und erwerbstätigen Frauen führen; in der Erwägung, dass negative Einstellungen und Mythen um die Menstruation Entscheidungen in Bezug auf die reproduktive Gesundheit beeinflussen; in der Erwägung, dass das Verständnis der Zusammenhänge zwischen der Menstruationshygiene und der Morbidität und Mortalität von Müttern, der Unfruchtbarkeit, den sexuell übertragbaren Infektionen und HIV sowie dem Gebärmutterhalskrebs bei der Früherkennung helfen und Leben retten kann;

T. in der Erwägung, dass die moderne Empfängnisverhütung eine Schlüsselrolle bei der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und der Verhütung ungewollter Schwangerschaften sowie bei der Verwirklichung des Rechts der einzelnen Personen spielt, über ihre Familienplanung zu entscheiden, indem sie die Anzahl ihrer Kinder, den Zeitpunkt und die Geburtenabstände vorausschauend und verantwortungsvoll planen; in der Erwägung, dass bestimmte Methoden der modernen Empfängnisverhütung auch die Inzidenz von HIV und sexuell übertragbaren Infektionen reduzieren; in der Erwägung, dass der Zugang zu moderner Empfängnisverhütung immer noch durch praktische, finanzielle, soziale und kulturelle Hindernisse behindert wird, darunter Mythen um die Empfängnisverhütung, rückständige Einstellungen zur weiblichen Sexualität und zur Empfängnisverhütung sowie eine stereotype Vorstellung, nach der die Frauen allein für die Empfängnisverhütung verantwortlich sind;

U. in der Erwägung, dass Abtreibungsgesetze auf innerstaatlichen Rechtsvorschriften beruhen; in der Erwägung, dass es häufig eine Reihe von gesetzlichen, quasi-gesetzlichen und informellen Hindernissen für den Zugang zu Abtreibungen gibt, selbst wenn Abtreibungen nicht verboten sind, einschließlich begrenzter Zeiträume und Gründe für den Zugang zur Abtreibung; medizinisch nicht gerechtfertigter Wartezeiten; eines Mangels an geschultem und gewilltem medizinischem Fachpersonal; der Verweigerung der medizinischen Versorgung aufgrund persönlicher Überzeugungen, voreingenommener Beratung und Beratungspflicht, irreführender Informationen oder des Erfordernisses der Autorisierung durch Dritte, medizinisch unnötiger Tests, Notlagenindikation, Kosten und mangelnder Erstattungsfähigkeit;

V. in der Erwägung, dass es in einigen Mitgliedstaaten nach wie vor sehr restriktive Gesetze gibt, die Abtreibungen außer unter genau festgelegten Umständen verbieten und Frauen somit zwingen, heimlich abzutreiben, in andere Länder zu reisen oder ihre Schwangerschaft gegen ihren Willen zu Ende zu führen, was eine Verletzung der Menschenrechte und eine Form geschlechtsspezifischer Gewalt darstellt[16], die die Rechte von Frauen und Mädchen auf Leben, körperliche und geistige Unversehrtheit, Gleichstellung, Nichtdiskriminierung und Gesundheit beeinträchtigt, und in der Erwägung, dass einige Mitgliedstaaten, die Abtreibungen auf Verlangen oder aus allgemeinen sozialen Gründen legalisiert haben, nichtsdestotrotz weiterhin spezifische strafrechtliche Sanktionen für Abtreibungen beibehalten, die außerhalb des Geltungsbereichs der geltenden Rechtsvorschriften durchgeführt werden;

W. in der Erwägung, dass mehrere Mitgliedstaaten derzeit versuchen, den Zugang zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten durch sehr restriktive Gesetze weiter zu beschränken, die zu geschlechtsspezifischer Diskriminierung und nachteiligen Folgen für die Gesundheit von Frauen führen;

X. in der Erwägung, dass Gegner sexueller und reproduktiver Rechte häufig Themen wie das nationale Interesse oder den demografischen Wandel instrumentalisieren, um die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu untergraben und so zur Aushöhlung der Grundsätze der Demokratie und der persönlichen Freiheiten beitragen; in der Erwägung, dass alle politischen Maßnahmen, die sich mit dem demografischen Wandel befassen, auf Rechten basieren, auf die Menschen ausgerichtet, maßgeschneidert und evidenzbasiert sein müssen sowie die sexuellen und reproduktiven Rechte wahren müssen;

Y. in der Erwägung, dass die Gegner der sexuellen und reproduktiven Rechte und der Selbstbestimmung der Frau in mehreren Mitgliedstaaten mit rückschrittlichen Initiativen einen erheblichen Einfluss auf das nationale Recht und die nationale Politik genommen und versucht haben, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu untergraben, wie das Parlament in seinen Entschließungen zu einem Rückschritt bei den Rechten der Frau und der Gleichstellung der Geschlechter in der EU und zum Recht auf Abtreibung in Polen sowie auch das Europäische Institut für Gleichstellungsfragen in seinem Bericht vom 22. November 2019 mit dem Titel „Peking +25: fünfte Überprüfung der Umsetzung der Aktionsplattform von Peking in den EU-Mitgliedstaaten“ festgestellt haben; in der Erwägung, dass diese Initiativen und diese Rückschritte die Verwirklichung der Rechte der Menschen und die Entwicklung der Länder behindern sowie die europäischen Werte und die Grundrechte untergraben;

Z. in der Erwägung, dass aus zahlreichen Berichten hervorgeht, dass während der COVID-19-Pandemie und der Ausgangsbeschränkungen Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte eingeschränkt und/oder eingestellt wurden[17] und der Zugang zu wesentlichen medizinischen Diensten beeinträchtigt wurde, wie z. B. Verschreibung von Verhütungsmitteln, Betreuung bei Schwangerschaftsabbruch, Tests auf HIV und andere sexuell übertragbare Infektionen, Zugang zu Zentren für die Prävention und Aufklärung zum Thema Verstümmelung weiblicher Genitalien, Vorsorgeuntersuchungen für Krebserkrankungen des Geschlechtsapparats und respektvolle medizinische Betreuung von Müttern, was schwerwiegende Folgen für das Grundrecht der Frauen auf Selbstbestimmung über den eigenen Körper hatte; in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie gezeigt hat, dass die Resilienz der Gesundheitssysteme gegenüber solchen Krisen gestärkt werden muss, um sicherzustellen, dass Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte weiterhin vollständig zur Verfügung stehen und rechtzeitig bereitgestellt werden;

AA. in der Erwägung, dass anhaltende Bemühungen unternommen werden, um die COVID-19-Gesundheitskrise als Vorwand für weitere restriktive Maßnahmen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu instrumentalisieren[18], was zur Umverteilung der Ressourcen führt; in der Erwägung, dass sich dies allgemein und langfristig negativ auf die Ausübung des Grundrechts auf Gesundheit, die Gleichstellung der Geschlechter und den Kampf gegen Diskriminierung und geschlechtsspezifische Gewalt auswirkt sowie eine Gefahr für das Wohlergehen, die Gesundheit und das Leben von Frauen und Mädchen darstellt;

AB. in der Erwägung, dass marginalisierte Personen und Gruppen, einschließlich rassischer, ethnischer und religiöser Minderheiten, Migranten, Menschen aus benachteiligten sozioökonomischen Verhältnissen, Menschen ohne Krankenversicherung, Menschen, die in ländlichen Gebieten leben, Menschen mit Behinderungen, LGBTIQ-Personen und unter anderem Opfer von Gewalt häufig beim Zugang zur Gesundheitsversorgung mit zusätzlichen Hindernissen, sich überlappenden Formen der Diskriminierung und Gewalt konfrontiert sind, da Gesetze und Politiken vorhanden sind, die Zwangspraktiken im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung erlauben, und weil keine angemessenen Vorkehrungen für den Zugang zu qualitativ hochwertiger Versorgung und Information getroffen werden; in der Erwägung, dass es an aussagekräftigen Daten zur Gewalt gegen rassifizierte Frauen in der Geburtshilfe in Europa mangelt; in der Erwägung, dass diese Diskriminierung zu höheren Sterblichkeits- und Erkrankungsraten bei Müttern führt (z. B. bei schwarzen Frauen), einem erhöhten Risiko für Missbrauch und Gewalt (für Frauen mit Behinderungen), mangelndem Zugang zu Informationen und zu allgemeiner Ungerechtigkeit und Ungleichheit beim Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte;

AC. in der Erwägung, dass Unfruchtbarkeit und verminderte Fruchtbarkeit einen von sechs Menschen in Europa betreffen und ein weltweites Problem der öffentlichen Gesundheit darstellen; in der Erwägung, dass die Ungleichheiten beim Zugang zu Informationen und Fruchtbarkeitsbehandlungen verringert werden müssen sowie Diskriminierung aufgrund von Geschlecht, sexueller Orientierung, Gesundheitszustand oder Familienstand verboten werden muss;

AD. in der Erwägung, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit von Frauen gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Menschenrechtskonvention und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte mit zahlreichen Menschenrechten verknüpft ist, wie etwa dem Recht auf Leben und Würde, dem Recht, keine unmenschliche oder erniedrigende Behandlung zu erfahren, dem Recht auf Zugang zu Gesundheitsfürsorge, dem Recht auf Privatsphäre, dem Recht auf Bildung und dem Diskriminierungsverbot;

AE. in der Erwägung, dass sich das Europäische Parlament in seinem in erster Lesung am 13. November 2020 angenommenen Standpunkt zum Aktionsprogramm der Union im Bereich der Gesundheit (2021–2027) (Programm „EU4Health“) mit der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten befasst hat, um den rechtzeitigen Zugang zu Gütern sicherzustellen, die erforderlich sind, um auf sichere Weise für sexuelle und reproduktive Gesundheit und die Gewährung der damit verbundenen Rechte zu sorgen (zum Beispiel Arzneimittel, Kontrazeptiva und medizinische Ausrüstung);

AF. in der Erwägung, dass Jugendliche, was die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte angeht, oft mit Hindernissen konfrontiert sind, weil es an jugendfreundlichen Diensten fehlt;

AG. in der Erwägung, dass die Europäische Union und die Vereinten Nationen die Initiative „Spotlight” gestartet haben, mit der darauf abgezielt wird, gegen Mädchen und Frauen gerichtete Gewalt – einschließlich sexueller Gewalt – zu bekämpfen, und dass in diesem Zusammenhang unter anderem der Zugang zu Sexualerziehung und zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit verbessert werden soll;

AH. in der Erwägung, dass die Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung von entscheidender Bedeutung für die sexuelle und reproduktive Gesundheit ist, jedoch in sehr vielen Fällen – insbesondere in entlegenen Gebieten – nach wie vor nicht vorhanden ist;

Schaffung eines Konsenses und Bewältigung der Herausforderungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte als Herausforderungen für die EU

1. fordert die Mitgliedstaaten im Einklang mit dem Subsidiaritätsprinzip und im Einklang mit den nationalen Zuständigkeiten auf, das Recht aller Personen, ungeachtet des Alters, des Geschlechts, der Rasse, der ethnischen Herkunft, der Klasse, der Kaste, der Religionszugehörigkeit oder Weltanschauung, des Familienstands oder sozioökonomischen Status, einer Behinderung, einer Infektion mit HIV (oder einer anderen sexuell übertragbaren Infektion), der Nationalität oder sozialen Herkunft, des rechtlichen Status oder des Migrationsstatus, der Sprache, der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität, zu wahren, ihre eigenen Entscheidungen in Bezug auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in Kenntnis der Sachlage zu treffen, sowie das Recht auf körperliche Unversehrtheit und Selbstbestimmung, Gleichbehandlung und Nichtdiskriminierung zu gewährleisten und die notwendigen Mittel bereitzustellen, damit der Genuss der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechtet für jeden möglich ist;

2. weist erneut auf das Engagement der EU für die Förderung, den Schutz und die Verwirklichung des Rechts jeder Person, jeder Frau und jedes Mädchens hin, über Angelegenheiten, die mit ihrer Sexualität und ihren sexuellen und reproduktiven Rechten zusammenhängen, die vollständige Kontrolle zu behalten und frei und verantwortungsbewusst über diese Fragen zu entscheiden, ohne dabei Diskriminierung, Zwang oder Gewalt ausgesetzt zu sein[19];

3. fordert die EU, ihre Einrichtungen und Agenturen auf, den allgemeinen und uneingeschränkten Zugang zu den Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte im Rahmen der Ausübung ihrer Zuständigkeiten zu unterstützen und zu fördern, indem sie die Gleichberechtigung, die Achtung der Selbstbestimmung, die Zugänglichkeit, die fundierte Entscheidung, die informierte Einwilligung und den Respekt, die Nichtdiskriminierung und die Gewaltfreiheit voranbringen, und fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu einer umfassenden Palette von qualitativ hochwertigen, umfassenden und zugänglichen Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu gewährleisten und alle rechtlichen, politischen, finanziellen und sonstigen Hindernisse zu beseitigen, die dem uneingeschränkten Zugang aller Personen zu diesen Diensten im Wege stehen; fordert in diesem Zusammenhang, dass die Förderung und der regelmäßige Austausch von bewährten Verfahren, die die geschlechtsspezifischen Aspekte der Gesundheit betreffen, zwischen den Mitgliedstaaten und den Interessenträgern erleichtert werden;

4. weist erneut darauf hin, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte für die Gleichstellung der Geschlechter, das Wirtschaftswachstum und die Wirtschaftsentwicklung, den Kinderschutz und die Beseitigung von geschlechtsbezogener Gewalt, Menschenhandel und Armut eine Schlüsselrolle spielen;

5. fordert die Mitgliedstaaten auf, die fortdauernden Herausforderungen beim Zugang zu und bei der Ausübung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte anzugehen und dafür zu sorgen, dass jedermann, ungeachtet seines sozioökonomischen Status, Zugang zu hochwertigen und zugänglichen Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit hat und niemand zurückgelassen wird, weil er nicht in der Lage ist, sein Recht auf Gesundheit wahrzunehmen;

6. erkennt die Wichtigkeit von öffentlichen Informationen über die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte an; weist darauf hin, dass alle Maßnahmen in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte auf verlässlichen und objektiven Erkenntnissen von Organisationen wie der WHO, anderen Organisationen der Vereinten Nationen und dem Europarat beruhen sollten;

7. bekräftigt die Aufforderung des Menschenrechtskommissars des Europarats an dessen Mitgliedstaaten[20], ausreichende Haushaltsmittel für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte bereitzustellen und dafür zu sorgen, dass auf allen Ebenen des Gesundheitssystem, in städtischen wie auch in ländlichen Gebieten, angemessene Humanressourcen und notwendige Güter zur Verfügung stehen, rechtliche, politische und finanzielle Hindernisse, die dem Zugang zu einer qualitativ hochwertigen sexuellen und reproduktiven Gesundheitsversorgung im Wege stehen, zu ermitteln und zu beseitigen, sowie Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in bestehende staatliche Krankenversicherungs-, Bezuschussungs- oder Erstattungssysteme zu integrieren, um eine universelle Gesundheitsversorgung zu erreichen;

8. weist auf den Standpunkt des Ministerkomitees des Europarats hin, der die Empfehlung ausgesprochen hat, dass spezifische Gesundheitsdienste für Transgender-Personen, wie Hormonbehandlung und Operationen, zugänglich sein sollten und dass deren Kosten von den staatlichen Krankenversicherungen erstattet werden sollten[21];

Sexuelle und reproduktive Gesundheit als wesentlicher Bestandteil guter Gesundheit

9. fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame Strategien und Überwachungsprogramme festzulegen, die in Übereinstimmung mit internationalen Gesundheitsstandards die Nutzung und den allgemeinen Zugang zu einer umfassenden Palette von hochwertigen und zugänglichen Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte gewährleisten, und zwar ungeachtet finanzieller, praktischer und sozialer Hürden sowie frei von Diskriminierung, unter besonderer Berücksichtigung von marginalisierten Gruppen, einschließlich, jedoch nicht beschränkt auf Frauen, die ethnischen, rassischen und religiösen Minderheiten angehören, Migrantinnen, Frauen aus ländlichen Gebieten und Regionen in äußerster Randlage, in denen der direkte und unmittelbare Zugang zu diesen Diensten durch geografische Zwänge verhindert wird, Frauen mit Behinderungen, Frauen ohne Krankenversicherung, LGBTI-Personen und Opfer von sexueller oder geschlechtsspezifischer Gewalt;

10. hebt hervor, dass Gleichheit beim Zugang, die Qualität der Versorgung und Rechenschaftspflicht in Bezug auf die Gesundheitsversorgung sowie die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte im Hinblick auf die Achtung der Menschenrechte von grundlegender Bedeutung sind; betont ferner, dass Leistungen, Güter und Einrichtungen den Bedürfnissen aufgrund des Geschlechts und des Lebensverlaufs gerecht werden und die Vertraulichkeit und die Zustimmung nach Aufklärung achten müssen;

11. fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, systematisch verlässliche Daten zum Thema Gleichstellung zu sammeln, aufgeschlüsselt unter anderem nach Geschlecht, Alter, Rasse, ethnischer Herkunft, sexueller Orientierung, kulturellem und sozioökonomischem Hintergrund, sowie Statistiken zu allen Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in anonymisierter Form zu erfassen, um etwaige Unterschiede bei den Ergebnissen der Gesundheitsversorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu erkennen und beheben;

12. fordert die Kommission nachdrücklich auf, ihre Zuständigkeit im Bereich der Gesundheitspolitik voll auszuschöpfen und im Rahmen des Aktionsprogramms der Union im Bereich der Gesundheit für den Zeitraum 2021–2027 („Programm EU4Health“) die Mitgliedstaaten in folgenden Punkten zu unterstützen: bei der Gewährleistung eines allgemeinen Zugangs zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten; Förderung von Information und Bildung in Gesundheitsfragen; bei der Stärkung der nationalen Gesundheitssysteme und der Aufwärtskonvergenz der Standards für die medizinische Versorgung, um gesundheitliche Ungleichheiten in und zwischen den Mitgliedstaaten zu verringern; und bei der Erleichterung des Austauschs bewährter Praktiken in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zwischen den Mitgliedstaaten; fordert die Mitgliedstaaten auf, Fortschritte in Richtung einer universellen Grundversorgung zu erzielen, wobei die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte ein wesentliches Element darstellen, unter anderem gegebenenfalls durch die Nutzung des Programms EU4Health und des Europäischen Sozialfonds Plus (ESF+);

13. betont, dass es eines positiven und proaktiven Konzepts der Gesundheitsversorgung während des ganzen Lebens bedarf, indem eine universelle und hochwertige Gesundheitsversorgung mit ausreichenden Ressourcen sichergestellt wird; unterstreicht, dass die EU die Mitgliedstaaten im Hinblick auf integrierte und bereichsübergreifende Ansätze für Prävention, Diagnose, Behandlung und Pflege sowie bei Maßnahmen zur Gewährleistung des Zugangs zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sowie zu entsprechenden Arzneimitteln, auch auf dem Weltmarkt, unterstützen kann; fordert die verstärkte Nutzung neuer Technologien für die modernsten und neu aufkommenden Behandlungs- und Diagnosemethoden, sodass Patienten in vollem Umfang von der digitalen Revolution profitieren können; betont, dass Horizont Europa und Digitales Europa in vollem Umfang genutzt werden müssen, um diese Prioritäten voranzutreiben;

14. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, das Bewusstsein der Frauen für die Bedeutung regelmäßiger Vorsorgeuntersuchungen zu schärfen und sicherzustellen, dass die öffentlichen Gesundheitsdienste Vorsorgeuntersuchungen wie Mammographien und Mammasonographien, zytologische Untersuchungen und Knochendichtemessungen anbieten;

15. hebt hervor, wie wichtig es ist, durch Aufklärung Krankheiten vorzubeugen; hebt darüber hinaus hervor, wie wichtig Impfungen zur Prävention von Krankheiten sind, wenn es Impfungen gibt; fordert daher die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, auf Ebene der EU nicht nur Impfstoffe zur Bekämpfung von COVID-19, sondern auch den Impfstoff gegen den Humanen Papilloma-Virus (HPV) zu kaufen und dafür zu sorgen, dass jeder Mensch in Europa gegen HPV geimpft werden kann;

16. weist darauf hin, dass alle medizinischen Eingriffe im Zusammenhang mit sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten unter Voraussetzung der vorherigen und persönlichen Einwilligung der Betroffenen nach erfolgter umfassender Aufklärung erfolgen müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, gegen Gewalt in der Gynäkologie und bei der Geburtshilfe vorzugehen, indem die Verfahren gestärkt werden, mit denen die Achtung der freien und vorherigen, nach Aufklärung erteilten Einwilligung und der Schutz vor unmenschlicher und erniedrigender Behandlung in Gesundheitseinrichtungen sichergestellt wird, unter anderem indem die medizinischen Fachkräfte geschult werden; fordert die Kommission auf, diese spezifische Form der geschlechtsspezifischen Gewalt bei ihren Tätigkeiten zu thematisieren;

17. ist zutiefst besorgt darüber, dass Frauen und Mädchen mit Behinderungen viel zu oft der Zugang zu Einrichtungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit verwehrt wird, dass ihnen im Hinblick auf die Verwendung von Verhütungsmitteln Aufklärung und Einwilligung verweigert werden und dass sie sogar der Gefahr ausgesetzt sind, zwangssterilisiert zu werden; fordert die Mitgliedstaaten auf, Legislativmaßnahmen umzusetzen, damit die körperliche Unversehrtheit von Menschen mit Behinderungen sowie ihre Wahlfreiheit und die Selbstbestimmung in Bezug auf ihr Sexualleben und ihre Familienplanung gewahrt bleiben;

18. fordert die Mitgliedstaaten auf, alle Formen der Diskriminierung von rassisierten Frauen, einschließlich der ethnischen Segregation in Gesundheitseinrichtungen, zu verbieten und wirksame Maßnahmen zu ergreifen, um einer derartigen Diskriminierung vorzubeugen, und fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, allgemeinen Zugang zu einer hochwertigen Versorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit ohne Diskriminierung, Zwang und Missbrauch zu gewährleisten und diesbezügliche Menschenrechtsverletzungen zu thematisieren, zu unterbinden und zu verhindern;

19. bekräftigt seine Aufforderung an die Mitgliedstaaten, Rechtsvorschriften zu erlassen, mit denen sichergestellt wird, dass intersexuelle Personen als Säuglinge oder in der Kindheit keinen nicht lebensnotwendigen medizinischen oder chirurgischen Eingriffen unterzogen werden und dass ihr Recht auf körperliche Unversehrtheit, Autonomie, Selbstbestimmung und Einwilligung nach erfolgter Aufklärung uneingeschränkt geachtet wird;

20. betont, dass spezifischen gesundheitlichen Bedürfnissen im Zusammenhang mit der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten Rechnung getragen werden muss, etwa Unfruchtbarkeit, den Wechseljahren oder spezifischen Krebserkrankungen der Geschlechtsorgane; fordert die Mitgliedstaaten auf, allen Opfern von Verstößen gegen die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte alle erforderlichen Rehabilitationsdienste und Unterstützungsmechanismen zur Verfügung zu stellen, einschließlich der erforderlichen Betreuung ihrer psychischen und physischen Gesundheit; fordert die Kommission auf, Informationen über den Beitrag der EU-Programme zur Förderung und Unterstützung der reproduktiven Gesundheit zur Verfügung zu stellen;

21. verweist auf die Entscheidung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte in der Rechtssache A. P., Gaçon und Nicot gg. Frankreich, in der der Gerichtshof anerkannt hat, dass die Sterilisationspflicht eines Mitgliedstaats vor der Zulassung rechtlicher Verfahren zur Anerkennung der Geschlechtszugehörigkeit eine Verletzung des Rechts auf Achtung des Privatlebens des Beschwerdeführers darstellt; weist darauf hin, dass die Vereinten Nationen anerkannt haben, dass Zwangssterilisation eine Verletzung des Rechts auf Schutz vor Folter oder anderer grausamer, unmenschlicher oder erniedrigender Behandlung oder Strafe ist[22]; bedauert die Tatsache, dass Sterilisation in einigen EU-Mitgliedstaaten nach wie vor eine unabdingbare Voraussetzung für den Zugang zu einer rechtlichen Anerkennung des Geschlechts ist; fordert die Mitgliedstaaten auf, die Sterilisationspflicht abzuschaffen und das Selbstbestimmungsrecht von Transgender-Personen zu schützen[23];

22. unterstreicht, dass die Auswirkungen von Umweltveränderungen einschließlich der Verschmutzung von Wasser und Luft und einer Zunahme des Verbrauchs von Chemikalien auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte und auf die Fertilität berücksichtigt werden müssen; ersucht darum, dass dies im Rahmen von Horizont Europa weiter untersucht und im Rahmen des europäischen Grünen Deals thematisiert wird;

23. hebt die Bedeutung hervor, die Erbringern von Gesundheitsleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit dabei zukommt, eine umfassende Palette an Leistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit, zu dem auch sowohl die physische als auch die psychische Gesundheit gehört, bereitzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, bei der Planung der allgemeinen Gesundheitsversorgung ihre besonderen Umstände zu berücksichtigen;

a) Zugang zu sicheren, fairen und kreislauforientierten Menstruationsprodukten für alle

24. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die landesweite breite Verfügbarkeit von giftfreien und wiederverwendbaren Menstruationsprodukten insbesondere in großen Einzelhandelsgeschäften und Apotheken zu fördern (mindestens in demselben Umfang wie der Verkauf von Einwegartikeln) und begleitend dazu für die Vorteile von wiederverwendbaren Menstruationsprodukten im Vergleich zu Einwegprodukten zu sensibilisieren;

25. betont die nachteiligen Auswirkungen der sogenannten Tamponsteuer auf die Gleichstellung der Geschlechter; fordert alle Mitgliedstaaten auf, die sogenannte Pflege- und Tamponsteuer abzuschaffen, indem sie von der in der Mehrwertsteuer-Richtlinie vorgesehenen Flexibilität Gebrauch machen und diese grundlegenden Güter von der Mehrwertsteuer befreien bzw. Nullsätze darauf anwenden;

b) Eine umfassende Sexualaufklärung kommt jungen Menschen zugute

26. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, allen Kindern der Grund- und Sekundarstufe sowie Kindern außerhalb der Schule im Einklang mit den WHO-Standards für die Sexualerziehung und dem Aktionsplan der WHO zur Förderung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit den allgemeinen Zugang zu wissenschaftlich genauer, evidenzbasierter, altersgerechter, vorurteilsfreier und umfassender Sexualaufklärung und ‑information zu gewähren, ohne dass es dabei zu irgendeiner Form von Diskriminierung kommt; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, eine umfassende Aufklärung über die Menstruation und ihre Zusammenhänge mit Sexualität und Fruchtbarkeit sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf, gut ausgestattete, gut finanzierte und zugängliche jugendfreundliche Dienste einzurichten sowie die Lehrerausbildung sicherzustellen und für die Mittel für das ordnungsgemäße Funktionieren von Unterstützungsbüros und Zentren für Gesundheitserziehung zu sorgen;

27. betont, dass Bildung und Information im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu den wichtigsten Instrumenten für die Verwirklichung der Verpflichtungen zum 25. Jahrestag der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung (ICPD25) gehören, die darin bestehen, den Bedarf an Familienplanung vollständig zu decken die vermeidbaren Fälle von Müttersterblichkeit auf null zu senken und geschlechtsspezifische Gewalt sowie schädliche, gegen Frauen, Mädchen und Jugendliche gerichtete Praktiken vollständig zu beseitigen; unterstreicht, dass Bildung und Information im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, ergänzt durch Fördermittel und Projekte der EU, durch die die Zusammenarbeit und die Koordinierung von Maßnahmen im Bereich der öffentlichen Gesundheit sowie die Entwicklung und Verbreitung bewährter Verfahren gefördert werden, erheblich dazu beitragen kann, dass es seltener zu sexueller Gewalt und Belästigung kommt; hebt die Bedeutung einer umfassenden und altersgerechten Sexualerziehung und eines entsprechenden Beziehungsunterrichts sowie von Informationen zur Sexualität hervor und betont, wie wichtig diese im Hinblick auf die Familienplanung und den Zugang zu Einrichtungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit sind, und weist auf die Konsequenzen in Bezug auf ungewollte Schwangerschaften und Krankheiten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit hin;

28. weist darauf hin, dass Stereotype und Tabus im Zusammenhang mit der Menstruation in unseren Gesellschaften nach wie vor weit verbreitet sind und die Diagnose von Krankheiten wie Endometriose verzögern können, eine Krankheit, die, obwohl sie jede zehnte Frau im fortpflanzungsfähigen Alter betrifft, die häufigste Ursache für Unfruchtbarkeit von Frauen ist und chronische Beckenschmerzen verursacht, im Durchschnitt erst nach acht Jahren diagnostiziert wird und für die es keine Heilung gibt; fordert die Mitgliedstaaten auf, für eine umfassende und wissenschaftlich genaue Aufklärung über die Menstruation zu sorgen, für Endometriose zu sensibilisieren und sich mit diesbezüglichen umfassenden Informationskampagnen an die Öffentlichkeit, die Angehörigen der Gesundheitsberufe und die Gesetzgeber zu wenden; fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu Menstruationsaufklärungsprogrammen für alle Kinder sicherzustellen, damit Menstruierende fundierte Entscheidungen über ihre Periode und ihren Körper treffen können; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Menstruationsarmut zu bekämpfen, indem sie dafür sorgen, dass allen, die sie benötigen, kostenlose Monatshygieneprodukte zur Verfügung stehen;

29. fordert die Mitgliedstaaten auf, die Verbreitung diskriminierender und unsicherer Falschinformationen über sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu bekämpfen, da dadurch alle Menschen und insbesondere Frauen, LGBTI-Personen und Jugendliche gefährdet werden; stellt fest, dass Medien, soziale Medien, öffentliche Informationsstellen und andere Interessenträger für genaue und wissenschaftlich fundierte Informationen sorgen müssen, und fordert sie auf, Desinformationen und Fehlinformationen in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in ihren Programmen, Materialien und Aktivitäten abzulehnen; fordert die Mitgliedstaaten auf, umfassende altersgerechte Lehrpläne für Sexualerziehung und für einen entsprechenden Beziehungsunterricht zu erstellen und dabei zu berücksichtigen, dass bei der Vermittlung von Informationen die Vielfalt der sexuellen Ausrichtungen, der Geschlechtsidentitäten, der Ausdrucksformen und der Geschlechtsmerkmale zum Ausdruck kommt, um auf Stereotypen oder Vorurteilen beruhenden Fehlinformationen entgegenzuwirken und um den Schutz des Rechts auf reproduktive Gesundheit durch öffentliche Gesundheitsdienste zu verbessern;

c) Moderne Empfängnisverhütung als Strategie zur Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter

30. fordert die Mitgliedstaaten auf, einen allgemeinen Zugang zu hochwertigen und erschwinglichen modernen Verhütungsmethoden und Verhütungsmitteln, zu Familienplanungsberatung und zu online verfügbaren Informationen zur Empfängnisverhütung für alle sicherzustellen, um alle Hindernisse, etwa finanzieller oder sozialer Art, zu beseitigen, die dem Zugang zu Empfängnisverhütung im Weg stehen, und sicherzustellen, dass medizinischer Rat und die Konsultation von Angehörigen der Gesundheitsberufe verfügbar sind, sodass alle Personen die Verhütungsmethode wählen können, die für sie am besten geeignet ist, und damit das Grundrecht auf Gesundheit und die Wahlfreiheit zu wahren;

31. fordert die Mitgliedstaaten auf, den Zugang zu modernen, wirksamen und verfügbaren Verhütungsmitteln unter Berücksichtigung der langfristigen Erfolgsquoten sicherzustellen; fordert die Mitgliedstaaten auf anzuerkennen, dass diese Versorgung auf alle Menschen im reproduktiven Alter ausgeweitet werden sollte; ersucht die Mitgliedstaaten darum, eine angemessene und regelmäßige ärztliche und psychologische Betreuung in allen Gesundheitsdiensten sicherzustellen, damit die sexuelle und reproduktive Gesundheit von Frauen während ihres gesamten Lebens gefördert und geschützt werden kann;

32. weist darauf hin, dass es den Mitgliedstaaten und staatlichen Stellen obliegt, faktengestützte, genaue Informationen über Empfängnisverhütung bereitzustellen und Strategien zu erarbeiten, um gegen Barrieren, Mythen, Stigmatisierung und falsche Vorstellungen vorzugehen und sie zu entkräften; fordert die Mitgliedstaaten auf, Sensibilisierungsprogramme und ‑kampagnen über moderne Verhütungsmethoden und das gesamte Spektrum an Verhütungsmitteln einzurichten und für hochwertige, moderne Leistungen im Bereich der Verhütung und der Beratung durch medizinische Fachkräfte zu sorgen, einschließlich einer rezeptfreien Notfallverhütung im Einklang mit den WHO-Standards, die in bestimmten Ländern von Ärzten aus persönlicher Überzeugung häufig verweigert wird;

d) Abtreibungen unter sicheren und legalen Bedingungen unter Berücksichtigung der Gesundheit und der Rechte von Frauen

33. bekräftigt, dass es sich bei Abtreibung stets um eine freiwillige Entscheidung handeln muss, die auf dem freien Willen der Person beruht und im Einklang mit den auf den WHO-Leitlinien basierenden medizinischen Standards und einer diesen Leitlinien entsprechenden Verfügbarkeit, Zugänglichkeit, Erschwinglichkeit und Sicherheit steht, und fordert die Mitgliedstaaten auf, einen allgemeinen Zugang zu sicherer und legaler Abtreibung und die Achtung des Rechts auf Freiheit, Privatsphäre und die bestmögliche Gesundheitsversorgung zu gewährleisten;

34. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, Abtreibungen zu entkriminalisieren und Hindernisse für legale Abtreibungen zu beseitigen und gegen sie vorzugehen, und erinnert die Mitgliedstaaten daran, dass sie dafür verantwortlich sind, dass Frauen Zugang zu den ihnen gesetzlich zustehenden Rechten haben; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die existierenden Methoden der medizinischen Versorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu verbessern und neue Methoden auszuloten sowie Möglichkeiten zu finden, Lücken bei der Erbringung von Dienstleistungen zu schließen, die durch COVID-19 zutage getreten sind, und zwar für alle, mit einem besonderen Schwerpunkt auf den am stärksten ausgegrenzten Bevölkerungsgruppen; fordert die Kommission nachdrücklich auf, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte im Rahmen der nächsten gesundheitspolitischen Strategie der EU zu fördern;

35. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre nationalen Rechtsvorschriften über Abtreibung zu überprüfen und sie mit den internationalen Menschenrechtsstandards[24] und den bewährten regionalen Verfahren in Einklang zu bringen, indem sichergestellt wird, dass eine Abtreibung auf Antrag in der frühen Schwangerschaft und darüber hinaus, wenn die Gesundheit oder das Leben der schwangeren Person gefährdet ist, rechtmäßig ist; weist darauf hin, dass ein absolutes Verbot von medizinisch betreuten Abtreibungen oder die Verweigerung der Betreuung eines Schwangerschaftsabbruchs eine Form von geschlechtsspezifischer Gewalt[25] ist, und fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, bewährte Praktiken in der Gesundheitsversorgung zu fördern, indem sie verfügbare Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit mit Überweisungssystemen für jede benötigte Gesundheitsversorgung auf höheren Ebenen einrichten;

36. erkennt an, dass sich einzelne Ärzte aus persönlichen Gründen auf eine Gewissensklausel berufen können; betont jedoch, dass eine Gewissensklausel für Einzelpersonen nicht das Recht eines Patienten auf vollständigen Zugang zu medizinischer Versorgung und zu Gesundheitsdienstleistungen beeinträchtigen darf; fordert die Mitgliedstaaten und Gesundheitsdienstleister auf, solche Umstände im Hinblick auf die geografischen Aspekte bei der Erbringung ihrer Gesundheitsdienstleistungen zu berücksichtigen;

37. bedauert, dass es gelegentlich in den Mitgliedstaaten gängige Praxis ist, dass Ärzte und manchmal ganze medizinische Einrichtungen Gesundheitsdienstleistungen auf Basis einer sogenannten Gewissensklausel ablehnen, was dazu führt, dass die Betreuung eines Schwangerschaftsabbruchs aus religiösen oder Gewissensgründen verweigert wird, und wodurch das Leben und die Rechte der Frauen gefährdet werden; stellt fest, dass diese Klausel häufig in Situationen genutzt wird, in denen jede Verzögerung das Leben oder die Gesundheit der Patienten gefährden kann;

38. hebt hervor, dass diese Gewissensklausel zudem den Zugang zu pränatalen Untersuchungen behindert, was nicht nur eine Verletzung der Rechte der Frauen auf Informationen über den Zustand des Fötus darstellt, sondern in vielen Fällen zudem die erfolgreiche Behandlung eines Kindes während der Schwangerschaft oder direkt nach der Schwangerschaft behindert; fordert die Mitgliedstaaten auf, wirksame Regulierungs- und Durchsetzungsmaßnahmen zu ergreifen, mit denen sichergestellt wird, dass durch die „Gewissensklausel“ der rechtzeitige Zugang von Frauen zur Gesundheitsversorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit nicht gefährdet ist;

e) Zugang zu Fruchtbarkeitsbehandlungen

39. fordert die Mitgliedstaaten auf, sicherzustellen, dass alle Personen im fortpflanzungsfähigen Alter unabhängig von ihren sozioökonomischen Verhältnissen, ihrem Familienstand, ihrer Geschlechtsidentität oder ihrer sexuellen Orientierung Zugang zu Fruchtbarkeitsbehandlungen haben; betont, dass die Fruchtbarkeit in der EU als Frage der öffentlichen Gesundheit und die Prävalenz von Unfruchtbarkeit und verminderter Fruchtbarkeit, die für viele Familien und Menschen eine schwierige und schmerzhafte Realität ist, genau untersucht werden müssen; fordert die Mitgliedstaaten auf, einen ganzheitlichen, rechtebasierten, integrativen und diskriminierungsfreien Ansatz in Bezug auf die Fruchtbarkeit zu verfolgen, unter anderem durch Maßnahmen zur Verhinderung von Unfruchtbarkeit, um den gleichberechtigten Zugang zu Dienstleistungen für alle Personen im fortpflanzungsfähigen Alter sicherzustellen und medizinisch unterstützte Reproduktion in Europa verfügbar und zugänglich zu machen;

f) Mutterschafts-, Schwangerschafts- und Geburtsfürsorge für alle

40. fordert die Mitgliedstaaten auf, Maßnahmen zu ergreifen, um einen diskriminierungsfreien Zugang zu hochwertiger, zugänglicher, evidenzbasierter und respektvoller Mutterschafts-, Schwangerschafts- und Geburtsfürsorge für alle sicherzustellen, auch im Hinblick auf Geburtshilfe, die Betreuung vor, während und nach der Geburt sowie die Unterstützung der psychischen Gesundheit von Müttern in Übereinstimmung mit den aktuellen Standards und Erkenntnissen der WHO, und folglich Gesetze, Strategien und Praktiken zu reformieren, durch die bestimmte Gruppen vom Zugang zur Mutterschafts-, Schwangerschafts- und Geburtsfürsorge ausgeschlossen werden, unter anderem indem diskriminierende rechtliche und politische Einschränkungen aufgehoben werden, die aufgrund der sexuellen Orientierung oder der Geschlechtsidentität, der Staatsangehörigkeit, der Rasse, der ethnischen Zugehörigkeit oder des Migrationsstatus gelten;

41. fordert die Mitgliedstaaten auf, alles in ihrer Macht Stehende zu tun, um die Achtung der Rechte der Frauen und ihrer Würde bei der Geburt zu gewährleisten, und körperliche und verbale Misshandlungen, einschließlich gynäkologischer und geburtshilflicher Gewalt, sowie jede andere damit verbundene geschlechtsspezifische Gewalt bei der pränatalen Betreuung sowie bei der Betreuung während und nach der Geburt, die die Menschenrechte von Frauen verletzen und Formen geschlechtsspezifischer Gewalt darstellen können, scharf zu verurteilen und zu bekämpfen;

42. fordert die Kommission auf, gemeinsame europäische Standards für die Betreuung von Mutterschaft, Schwangerschaft und Geburt zu entwickeln und den Austausch bewährter Praktiken unter den Fachleuten in diesem Bereich zu erleichtern; fordert die Mitgliedstaaten auf, zu fördern und sicherzustellen, dass Gesundheitsdienstleister eine Ausbildung in den Menschenrechten von Frauen und den Grundsätzen der freien Zustimmung nach vorheriger Aufklärung sowie der „Wahl in Kenntnis der Umstände“ bei der Betreuung von Mutterschaft, Schwangerschaft und Geburt erhalten;

43. weist darauf hin, dass die europäische Region der WHO die niedrigste Stillrate weltweit hat; hebt hervor, dass es mehr Sensibilisierung und Information über die Vorteile des Stillens bedarf; fordert die Mitgliedstaaten und die Kommission auf, öffentlichkeitswirksame Kampagnen ins Leben zu rufen, um die Vorteile des Stillens hervorzuheben;

Bereitstellung von Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte während der COVID-19-Pandemie und unter allen anderen von einer Krise überschatteten Umständen

44. weist darauf hin, dass die EU und ihre Mitgliedstaaten neben der Gesundheitskrise auch eine Wirtschafts- und Sozialkrise durchleben; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, die Auswirkungen von COVID-19 auf die Gesundheit unter geschlechtsspezifischen Gesichtspunkten zu betrachten und die Aufrechterhaltung sämtlicher Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit durch die Gesundheitssysteme unter allen Umständen im Einklang mit den internationalen Menschenrechtsstandards zu gewährleisten; fordert nachdrücklich, allen Versuchen entgegenzuwirken, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte während der Pandemie und darüber hinaus einzuschränken; fordert die Mitgliedstaaten ferner auf, zusätzliche Anstrengungen und Ressourcen auf die Schaffung eines neuen Gesundheitssystems zu richten, das anerkennt, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte für die Gesundheit und das Wohlbefinden aller Menschen wesentlich sind;

45. erkennt die Auswirkungen an, die die COVID-19-Pandemie auf die Versorgung mit Verhütungsmitteln und den Zugang zu ihnen hatte, und bekräftigt die Hochrechnungen des UNFPA vom April 2020, wonach etwa 47 Millionen Frauen in 114 Ländern mit niedrigem und mittlerem Einkommen voraussichtlich keine modernen Verhütungsmittel mehr verwenden können, wenn der Lockdown bzw. die Störungen der Lieferkette sechs weitere Monate lang anhält bzw. anhalten;

46. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, den uneingeschränkten Zugang zu Verhütungsmitteln während der COVID-19-Pandemie zu gewährleisten und durch gemeinsame Anstrengungen Störungen der Produktions- und Lieferketten zu verhindern; hebt Beispiele bewährter Verfahren hervor, etwa Zugang zu Verhütungsmitteln für alle Frauen unter einer bestimmten Altersgrenze und/oder Zugang zu Verhütungsmitteln im Rahmen einer telemedizinischen Beratung;

47. bedauert, dass der Zugang zur sicheren und legalen Abtreibung während der COVID-19-Pandemie nach wie vor eingeschränkt ist, etwa durch Bestrebungen, Abtreibungen unter dem Vorwand, es handle sich hierbei um eine Dienstleistung von geringerer Priorität, vollständig zu verbieten[26]; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, unter den Umständen der COVID-19-Pandemie und darüber hinaus zusätzlich einen sicheren, kostenlosen und angepassten Zugang zu Abtreibung einzuführen, etwa die Abtreibungspille, und die medizinische Betreuung bei einer Abtreibung als dringend und als medizinisches Verfahren anzuerkennen und damit auch jede Einschränkung im Hinblick auf den Zugang zu Abtreibung abzulehnen;

48. hebt hervor, dass die Betreuung von Mutterschaft, Schwangerschaft und Geburt während der Pandemie beeinträchtigt wurde, da sich die Gesundheitssysteme auf die Bekämpfung von COVID-19 konzentrieren, und hebt hervor, dass unannehmbare Änderungen an der Betreuung von Schwangerschaft und Geburt vorgenommen werden, die nicht auf wissenschaftlichen Erkenntnissen, WHO-Leitlinien oder den Leitlinien der einschlägigen europäischen Berufsverbände beruhen, und dass diese Änderungen in keinem Verhältnis zu der erforderlichen Reaktion auf die COVID-19-Pandemie stehen[27]; fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, angemessene Ressourcen für eine qualitativ hochwertige Betreuung von Mutterschaft, Schwangerschaft und Geburt sicherzustellen;

49. fordert die Mitgliedstaaten nachdrücklich auf, während der COVID-19-Pandemie den uneingeschränkten Zugang zur Behandlung von Unfruchtbarkeit und Fruchtbarkeitsbehandlungen sicherzustellen und Unterbrechungen beim Angebot von Behandlungen von Unfruchtbarkeit zu verhindern, die dazu führen werden, dass weniger Kinder aus Behandlungen zur medizinisch unterstützten Fortpflanzung hervorgehen werden, und die infolgedessen bestimmten Menschen ihr Recht auf den Versuch, ein Kind zu bekommen, vollständig verwehren können;

50. fordert die Kommission auf, die Auswirkungen von Notsituationen wie der COVID-19-Pandemie auf geschlechtsspezifische Erwägungen zur Gesundheitsversorgung, wie den Zugang zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten in der EU, in ihren gesundheitspolitischen Maßnahmen zu berücksichtigen; fordert die Kommission ferner auf, anzuerkennen, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechten in den grundlegenden Menschenrechten verankert sind und als solche während der gegenwärtigen Gesundheitskrise und darüber hinaus eine Priorität darstellen, und alle erforderlichen Maßnahmen zu ergreifen, insbesondere indem sie Maßnahmen der Mitgliedstaaten und Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte einsetzen, die darauf abzielen, den uneingeschränkten Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu gewährleisten, unterstützt, wobei Ressourcen wie der ESF+ und das Programm „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ zu berücksichtigen sind;

Sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte als Säulen der Gleichstellung der Geschlechter, der Demokratie und der Beseitigung geschlechtsspezifischer Gewalt

51. fordert die Mitgliedstaaten auf, ihre Zuständigkeit für sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte auszuüben, indem sie sich bemühen, die Menschenrechte, insbesondere das Recht auf Gesundheit in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte, umfassend zu schützen, zu achten und zu gewährleisten und ein breites Spektrum an verfügbaren, zugänglichen, qualitativ hochwertigen und diskriminierungsfreien Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu gewährleisten, die allen Menschen ohne Diskriminierung zur Verfügung stehen, wie z. B. Fruchtbarkeitsbehandlungen und Behandlungen von genetischen Krankheiten mit Konservierung von Gameten, wobei sichergestellt werden muss, dass der Grundsatz des Rückschrittsverbots gemäß internationalen Menschenrechtsnormen eingehalten wird, insbesondere für Personen, die für eine Behandlung reisen müssen, wie z. B. Bewohner entlegener Gebiete und von Regionen in äußerster Randlage; verurteilt jeden Versuch, den Zugang zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten durch restriktive Gesetze zu beschränken; bekräftigt nachdrücklich, dass die Verweigerung des Zugangs zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten eine Form von geschlechtsspezifischer Gewalt darstellt[28];

52. fordert die Kommission auf, eine Formation zur Gleichstellung der Geschlechter einzurichten, bei der sich die für Geschlechtergleichstellung zuständigen Minister und Staatssekretäre in einem eigenen Forum treffen, um gemeinsame und konkrete Maßnahmen festzulegen, durch die die Herausforderungen im Bereich Frauenrechte und Geschlechtergleichstellung, einschließlich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, angegangen werden und durch die sichergestellt ist, dass Fragen der Geschlechtergleichstellung auf höchster politischer Ebene diskutiert werden;

53. hebt die äußerst schädlichen und vielfältigen gesundheitlichen Folgen geschlechtsbezogener Gewalt hervor, die nachweislich zu schwerwiegenden Auswirkungen auf die körperliche und psychische Gesundheit führen kann, unter anderem auch zu gynäkologischen Erkrankungen und Beeinträchtigungen einer Schwangerschaft; fordert daher einen angemessenen Schutz und die Bereitstellung angemessener Mittel für die Opfer häuslicher Gewalt und eine Aufstockung der Mittel und wirksame Maßnahmen zu Erfüllung dieses Ziels;

54. betont, dass es mehrere Verbindungen zwischen Prostitution und Menschenhandel gibt, und nimmt zur Kenntnis, dass durch die Prostitution – sowohl weltweit als auch in der gesamten Europäischen Union – der Handel mit schutzbedürftigen Frauen und Minderjährigen verstärkt wird;

55. fordert das für Demokratie und Demografie zuständige Kommissionsmitglied auf, bei der Bewältigung der demografischen Herausforderungen in der EU einen evidenz- und menschenrechtsbasierten Ansatz zu verfolgen, der sicherstellt, dass alle in der EU lebenden Menschen, einschließlich derer, die in entlegeneren Gebieten wie den Regionen in äußerster Randlage wohnen, ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in vollem Umfang verwirklichen können, und denjenigen, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte instrumentalisieren, um die Werte der EU und die Grundsätze der Demokratie zu untergraben, besondere Aufmerksamkeit zu schenken und ihnen entgegenzutreten;

56. fordert das für Gesundheit und Lebensmittelsicherheit zuständige Kommissionsmitglied auf, den Schutz der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte als wesentlichen Bestandteil der Verwirklichung des Rechts auf Gesundheit, Sicherheit und Gleichstellung der Geschlechter zu erleichtern und zu fördern; unter Verwendung des Rahmens globaler Indikatoren der Vereinten Nationen die vollständige Umsetzung des SDG 3, einschließlich der Zielvorgabe 3.7, in der EU zu überwachen und zu fördern; in Partnerschaft mit den Mitgliedstaaten systematische, vergleichbare, aufgeschlüsselter Daten zu erheben und Studien durchzuführen, um geschlechtsspezifische Ungleichheiten im Gesundheitsbereich und den ungedeckten Bedarf beim Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit in der EU mit einem intersektionellen Blickwinkel besser zu erfassen; Gesundheitsinformation und -erziehung, auch zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten, zu fördern; die Aufwärtskonvergenz von Standards der Gesundheitsversorgung und Gesundheitspolitik zu unterstützen, um Ungleichheiten im Gesundheitsbereich innerhalb und zwischen den Mitgliedstaaten zu verringern, und – angesichts der begrüßenswerten Aufnahme von Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit in das EU4Health-Programm – Maßnahmen der Mitgliedstaaten und Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte einsetzen, zu unterstützen, um den Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit durch das Programm sicherzustellen; betont die Notwendigkeit, die Investitionen in alle Dienstleistungen, insbesondere in die Gesundheitsversorgung, erheblich zu steigern, um zur Unabhängigkeit, Gleichstellung und Emanzipation der Frauen beizutragen;

57. fordert das für Gleichstellungsfragen zuständige Kommissionsmitglied auf, den Schutz der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu erleichtern und zu fördern und diese in die Umsetzung der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter und der LGBTIQ-Gleichstellungsstrategie der EU einzubeziehen; die Rückschritte bei Frauenrechten scharf zu verurteilen und konkrete Maßnahmen zu entwickeln, um dem entgegenzuwirken; die inhärente Verbindung zwischen der Verwirklichung von sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten, der Gewährleistung der Gleichstellung der Geschlechter und der Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt anzuerkennen und die vollständige Umsetzung des SDG 5, einschließlich der Zielvorgabe 5.6, in der EU zu überwachen und zu fördern; die Gleichstellung der Geschlechter in allen Maßnahmen der EU erfolgreich zu verankern; die Arbeit von Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte einsetzen, zu unterstützen; den Austausch bewährter Verfahren zwischen den Mitgliedstaaten und den beteiligten Akteuren zu den geschlechtsspezifischen Aspekten der Gesundheit, insbesondere im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte, zu erleichtern und zu fördern; und Synergien zwischen EU4Health und der EU-Strategie für die Gleichstellung der Geschlechter zu erleichtern; betont, dass das EU4Health-Programm geschlechtsspezifisch ausgerichtet sein sollte, geschlechtsspezifische Verzerrungen berücksichtigen und einen gleichstellungsorientierten Ansatz für die Sensibilisierung für Krankheiten, Vorsorgeuntersuchungen, Diagnose- und Behandlungsmöglichkeiten entwickeln sollte; betont ferner, dass jede Gleichstellungsstrategie sämtliche Formen der geschlechtsspezifischen Gewalt, einschließlich der Missachtung und Verletzung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte von Frauen, angehen sollte;

58. fordert das für internationale Partnerschaften zuständige Kommissionsmitglied auf, den Europäischen Konsens über die Entwicklungspolitik und die Nachhaltigkeitsziele der Vereinten Nationen, insbesondere die Zielvorgaben 3.7, 5.6 und 16, aufrechtzuerhalten, um sicherzustellen, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte im gesamten außenpolitischen Handeln und sämtlichen Außenbeziehungen der EU nach wie vor als Entwicklungspriorität bestehen bleibt; begrüßt die Verpflichtung, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte im neuen dritten Aktionsplan für die Gleichstellung der Geschlechter zu fördern, und fordert das für internationale Partnerschaften zuständige Kommissionsmitglied auf, konkrete Maßnahmen vorzuschlagen, um dieses Ziel zu verwirklichen; betont die Notwendigkeit, der Beseitigung aller Barrieren für den Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in der Entwicklungspolitik der Kommission Priorität einzuräumen;

59. fordert den Kommissar für die Förderung unserer europäischen Lebensweise auf, dafür zu sorgen, dass der neue Sonderbeauftragte für Religions- und Weltanschauungsfreiheit sich einem menschenrechtsbasierten Ansatz verschreibt und somit die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte respektiert und sich dafür einsetzt, gemeinsam daran zu arbeiten, das Recht auf Gesundheit für alle Menschen in der EU und weltweit diskriminierungsfrei sicherzustellen;

60. fordert das für Krisenmanagement zuständige Kommissionsmitglied auf, bei den Maßnahmen der EU und der Mitgliedstaaten im Bereich der humanitären Hilfe den Gleichstellungsaspekt und den Aspekt der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte einzubeziehen, da der Zugang zur Versorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu den Grundbedürfnissen der Menschen in humanitären Notsituationen gehört;

61. fordert die sofortige Abschaffung schädlicher Praktiken wie Genitalverstümmelungen und Kinderehen, Früh- und Zwangsverheiratung; betont, dass Kinderehen, Früh- und Zwangsverheiratung eine Menschenrechtsverletzung darstellen und oft dazu führen, dass junge Mädchen Gewalt, Diskriminierung und Missbrauch ausgesetzt sind; äußert sich zutiefst besorgt darüber, dass mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen weltweit dazu gezwungen wurden, sich einer Genitalverstümmelung zu unterziehen, und dass die durch die COVID-19-Pandemie bedingten Verzögerungen oder Unterbrechungen bei Programmen für Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung über schädliche Praktiken in den nächsten zehn Jahren – im Vergleich zu Schätzungen vor der Pandemie – weltweit schätzungsweise zu 2 Millionen mehr Fällen weiblicher Genitalverstümmelung und 13 Millionen mehr Kinderehen führen werden;

62. fordert uneingeschränkten Zugang zu körperlicher und psychologischer Versorgung durch Fachpersonal, das interkulturelle Aspekte berücksichtigt; fordert alle EU-Länder auf, das Übereinkommen von Istanbul zu ratifizieren; fordert die Kommission auf, die Synergien zwischen den internen und externen Programmen der Union zu prüfen, um für einen kohärenten und langfristigen Ansatz zur Beendigung von Genitalverstümmelungen bei Frauen und Mädchen innerhalb und außerhalb der Union zu sorgen; bekräftigt insbesondere seine Forderung, in allen Politikbereichen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Asyl, Bildung, Beschäftigung sowie in den Kooperations- und Menschenrechtsdialogen mit Drittländern, Maßnahmen zur Prävention von Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen einzubeziehen;

63. ruft in Erinnerung, dass für einige Mädchen, die in der Union leben, ein Risiko einer Genitalverstümmelung besteht, wenn sie – insbesondere während Familienbesuchen – das Herkunftsland ihrer Familie besuchen; vertritt die Auffassung, dass zwischen allen Mitgliedstaaten einschließlich der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften unbedingt ein Austausch bewährter Verfahren erfolgen sollte, mit denen darauf abgezielt wird, zu verhindern, dass Mädchen, die in Länder oder Regionen reisen, in denen die Genitalverstümmelung weitverbreitet ist, Opfer dieser Straftat werden; fordert alle Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, dazu auf, spezifische strafrechtliche Bestimmungen zur Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen zu erlassen, sodass Opfer geschützt werden und diese Straftat wirksamer verfolgt werden kann, wenn sie außerhalb des Hoheitsgebiets des jeweiligen Mitgliedstaats begangen wird;

64. ruft die Union dazu auf, die Gesundheits- und Familienplanungszentren in den Partnerländern zu unterstützen, damit dort ein Informationsaustausch stattfinden kann, mit dem darauf abgezielt wird, die Tabus zu brechen, von denen die Themenkreise Menstruation, Sexualität und Fortpflanzung vielfach umgeben sind, wobei auch die jungen Männer umfassend in den Kampf gegen Stereotypen und Tabus einzubeziehen sind; betont, wie wichtig es ist, für eine bessere Verfügbarkeit von Empfängnisverhütungsmitteln in Entwicklungsländern zu sorgen, insbesondere für weibliche Jugendliche, die während einer Schwangerschaft einem höheren Komplikationsrisiko unterliegen; bekräftigt, dass alle Mädchen und Frauen das Recht haben, Entscheidungen im Hinblick auf ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und im Hinblick auf ihr Leben selbstbestimmt, frei und in umfassender Kenntnis der Sachlage zu treffen;

65. fordert, die Bildungsteilhabe von Mädchen und Frauen sicherzustellen, da Bildung ein unverzichtbares Instrument zur Stärkung der Position der Frau in Wirtschaft und Gesellschaft ist; fordert, gegen den Umstand, dass Mädchen während ihrer Monatsblutung dem Unterricht fernbleiben, entschiedene Schritte zu ergreifen, indem an den Schulen Einrichtungen für die Menstruationshygiene – insbesondere Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung – geschaffen bzw. ausgebaut werden und indem jedwede Stigmatisierung bekämpft wird; betont, dass der Zugang zu einer angemessenen Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung an Schulen für die Sicherstellung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit – sei es in Bezug auf Verhütung, Schwangerschaft, Entbindung, Schwangerschaftsabbruch, sexuell übertragbare Krankheiten oder Menstruationshygiene – unbedingt erforderlich ist;

66. fordert, das Potenzial von Kommunikationsinstrumenten wie Radio, Fernsehen und Telefon sowie von digitalen Instrumenten – insbesondere von sozialen Netzwerken und elektronischen Mitteilungsdiensten – zu nutzen, um den Zugang junger Menschen zur Sexualerziehung zu verbessern und insbesondere ihre Sensibilität im Hinblick auf sexuell übertragbare Krankheiten und die Risiken von Teenagerschwangerschaften zu erhöhen; vertritt die Auffassung, dass in diesem Zusammenhang gegen die Geschlechterungleichheit beim Zugang zu digitalen Diensten sowie gegen Cyber-Mobbing und Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Internet angegangen werden muss;

67. fordert, dass dem thematischen Politikbereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte angesichts der enormen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern ein höherer Stellenwert im dritten EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP III) zuerkannt wird; unterstreicht, wie wichtig es ist, die Förderung des Rechts jedes Menschen zu stärken, die volle Kontrolle über Angelegenheiten im Zusammenhang mit seiner Sexualität sowie seiner sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu haben und freie und bewusste Entscheidungen darüber zu treffen;

68. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich zu den Zielen des dritten Aktionsplans für die Gleichstellung (GAP III), insbesondere im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte, zu verpflichten; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, Umsetzungspläne auf Länderebene zu erstellen, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte vorrangig berücksichtigen, und dabei messbare Indikatoren und Überwachungsmechanismen einzusetzen; fordert die Delegationen der Union dazu auf, bei ihrer Umsetzung des dritten Aktionsplans für die Gleichstellung (GAP III) Maßnahmen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte vorrangig zu berücksichtigen;

69. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, in ihrer Politik zur Entwicklungszusammenarbeit sowie in ihren Instrumenten des auswärtigen Handelns – wie etwa im Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – angemessene und gezielte Mittel für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte vorzusehen; fordert die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang dazu auf, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte im Programmplanungsprozess – einschließlich der gemeinsamen Programmplanung – als Priorität zu berücksichtigen;

70. hebt hervor, dass unbedingt dafür Sorge zu tragen ist, dass bei der Entwicklungszusammenarbeit die Organisationen der Zivilgesellschaft einbezogen werden, die sich in den Entwicklungsländern direkt für die Verteidigung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte einsetzen;

71. vertritt die Auffassung, dass die Union die Aufnahme von Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in die innerstaatlichen Strategien und Maßnahmen der Partnerländer für das Gesundheitswesen erleichtern sollte; weist erneut mit Besorgnis darauf hin, dass der Großteil des ungedeckten Bedarfs an Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit bei Jugendlichen, unverheirateten Personen, LGBTIQ-Personen, Menschen mit Behinderungen, Angehörigen von Minderheiten und ethnischen Minderheiten sowie armen Menschen in ländlichen und städtischen Gebieten besteht; betont, dass Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte geschlechtergerecht, jugendfreundlich und für alle verfügbar sein sowie auf Rechten beruhen sollten, und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, Rasse, sozialer Schicht, Religion, Familienstand, wirtschaftlichen Ressourcen, nationaler oder sozialer Herkunft oder Behinderungen und auch in humanitären Notsituationen sowie in Konflikt- und Katastrophensituationen;

72. fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, Diskriminierung bei Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu bekämpfen und einen intersektionalen Ansatz zu verfolgen, um sicherzustellen, dass Mädchen und Frauen (ungeachtet davon, ob sie sich als transgender oder cisgender identifizieren), nichtbinäre Personen sowie lesbische, bisexuelle und intersexuelle Frauen gleichberechtigten Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und zu den damit verbundenen Rechten haben;

73. weist darauf hin, dass Mädchen und Frauen in Regionen, die – beispielsweise aufgrund von bewaffneten Konflikten oder von Naturkatastrophen oder infolge des Klimawandels – von Krisen betroffen sind, einem besonderen Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt zu werden; fordert die Europäische Union dazu auf, ihre Anstrengungen gegen den Einsatz von Vergewaltigung als Mittel der Kriegsführung zu intensivieren sowie für die Opfer einen Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit bereitzustellen;

74. fordert die Kommission auf, die Rückschritte bei Frauenrechten sowie bei der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten scharf zu verurteilen und ihre Möglichkeiten voll auszuschöpfen, um ihre Maßnahmen zu verstärken, um dem entgegenzuwirken; fordert die Kommission und die Mitgliedstaaten auf, Menschenrechtsverteidiger, Gesundheitsdienstleister, die sich für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte einsetzen, Frauenrechtsorganisationen und Organisationen der Zivilgesellschaft, die sich für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte einsetzen, und denen bei der Schaffung von Gesellschaften, in denen die Geschlechter gleichgestellt sind, eine Schlüsselrolle zukommt und die wichtige Anbieter von Diensten und Informationen zum Thema sexuelle und reproduktive Gesundheit sind, stärker auf politischer Ebene zu unterstützen, insbesondere diejenigen, die in Europa in einem schwierigen Umfeld tätig sind, und diese kontinuierlich zu überwachen und eine dementsprechend ausreichende finanzielle Unterstützung im Rahmen der laufenden Programme wie dem Programm „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“ bereitzustellen;

75. fordert die Kommission auf, den Gleichstellungsaspekt in allen Instrumenten des mehrjährigen Finanzrahmens 2021–2027 durchgängig zu berücksichtigen, einschließlich des Programms „Bürgerinnen und Bürger, Gleichstellung, Rechte und Werte“, des ESF+ und des Instruments für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit;

76. fordert die Kommission auf, konkrete Schritte zum Schutz der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte einzuleiten, beginnend mit der Einsetzung eines EU-Sonderbeauftragten für sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte und der Aufnahme eines eigenen Kapitels zum Stand in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in den Jahresbericht der EU über Menschenrechte und Demokratie;

 

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77. beauftragt seinen Präsidenten, diese Entschließung dem Rat und der Kommission zu übermitteln.

BEGRÜNDUNG

 

Die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte sind eines der zentralen Themen in der Debatte über die Menschenrechte und untrennbar mit der Verwirklichung des Grundrechts auf Gesundheit sowie mit der Verwirklichung der Gleichstellung der Geschlechter und der Beseitigung geschlechtsspezifischer Gewalt verbunden.

Dieser Bericht kommt zu einem entscheidenden Zeitpunkt in der EU, da Aushöhlung und Rückschritte bei den Rechten der Frau an Dynamik gewinnen und zur Erosion erworbener Rechte beitragen und die Gesundheit der Frauen gefährden. Das EP brachte seine Besorgnis zu diesem Thema zum Ausdruck, zuletzt in der Entschließung zu der Gegenbewegung gegen die Rechte der Frau und die Gleichstellung der Geschlechter in der EU[29], in der die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte als einer der Kernbereiche genannt werden, auf die sich die Maßnahmen konzentrieren.

Angesichts der Situation im Zusammenhang mit der COVID-19-Pandemie und der verheerenden Folgen, die die Pandemie haben wird, aber auch angesichts der Herausforderungen und Chancen beim Wiederaufbau Europas nach dieser Krise besteht zudem eine dringende Verantwortung der Organe, im Rahmen des Dialogs für ein stärkeres, besseres und stärker vernetztes Europa in der Zukunft die Frage der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte anzusprechen. Dabei dürfen wir nicht die Tatsache außer Acht lassen, dass während der Gesundheitskrise Frauen und Mädchen auf der ganzen Welt der Zugang zu Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit unter dem falschen Vorwand verwehrt wurde, derartige Dienstleistungen seien aus medizinischer Sicht nicht dringend und ihnen käme keine hohe Priorität zu. Mit Hilfe dieses Berichts sollen die EU, die Organe und die Mitgliedstaaten aufgefordert werden, ein derartiges Vorgehen zu unterlassen und vorbehaltlos anzuerkennen, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte Menschenrechte sind und dass daher unter allen Umständen – während der Gesundheitskrise und darüber hinaus – der höchste Standard angewandt werden muss und niemand diskriminiert werden darf.

Angesichts der derzeitigen Lage in der EU sind die EU-Organe dafür verantwortlich, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte sowie das Wohlergehen, die Gesundheit, die Sicherheit und das Leben von Frauen insgesamt zu fördern und zu unterstützen. Wie in der Entschließung des Europäischen Parlaments zur Kriminalisierung der Sexualerziehung in Polen[30] und gemäß der Charta der Grundrechte der Europäischen Union, der Europäischen Menschenrechtskonvention (EMRK) und der Rechtsprechung des Europäischen Gerichtshofs für Menschenrechte festgestellt wird, steht die sexuelle und reproduktive Gesundheit von Frauen im Zusammenhang mit zahlreichen Menschenrechten, und es liegt in der Verantwortung der Mitgliedstaaten und der EU-Organe, hochwertige sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu gewährleisten. Der gemeinsame Standpunkt der EU muss auf Menschenrechten beruhen und mit allen internationalen Menschenrechtsstandards im Einklang stehen. Die Gegenbewegung gegen die Rechte der Frauen wirkt sich unmittelbar auf die Entdemokratisierungsprozesse in der EU aus, da sie von Akteuren koordiniert wird, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte instrumentalisieren, um die sogenannten demografischen Ziele zu erreichen und so zur Erosion der Demokratie und der persönlichen Freiheiten beizutragen. Die Frage der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte als Menschenrechtsfrage ist untrennbar mit der Frage der Demokratie verbunden, da es sich dabei um einen Rahmen handelt, den sich die Völker geben, und der ohne das Höchstmaß an Schutz der Menschenrechte nicht verwirklicht werden kann.

Die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte fallen in die Zuständigkeit der Mitgliedstaaten, und diese sind daher dafür verantwortlich, den Zugang zu einer breiten Palette von Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu gewährleisten. Die sexuellen und reproduktiven Rechte sind in den internationalen und europäischen Menschenrechtsnormen als Menschenrechte anerkannt[31], und Verstöße gegen diese Rechte sind daher Verstöße gegen die Menschenrechte. Alle Herausforderungen in Bezug auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in den Mitgliedstaaten sind gemeinsame europäische Herausforderungen. Dies ist nicht nur ein politisches und soziales Thema für die EU, sondern auch eine Gesundheitsfrage, die auf einheitliche Weise angegangen werden muss.

Die Weltgesundheitsorganisation (WHO) erkennt die Notwendigkeit eines universellen Zugangs zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit als Bestandteil des Rechts auf Gesundheit an[32] und bekräftigt die im Aktionsprogramm der ICPD[33] eingegangene Verpflichtung, den universellen Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu gewährleisten. Es darf nicht um die Frage gehen, ob der Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten gewährleistet werden soll, sondern wie dies geschehen soll, um die Universalität, Zugänglichkeit und Erschwinglichkeit eines ganzen Spektrums von Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten zu gewährleisten und das Recht auf Gesundheit zu schützen. Dieser Bericht wird sich auf einige Schlüsselbereiche im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte konzentrieren, aber der Berichterstatter betont, dass einige andere Themen, die nicht im Einzelnen erörtert werden, Bedenken aufwerfen, die angegangen werden müssen, möglicherweise durch gesonderte Berichte (z. B. Leihmutterschaft).

Dem Bevölkerungsfonds der Vereinten Nationen[34] zufolge ist die umfassende Sexualerziehung ein rechtebasierter und geschlechtsspezifischer Ansatz für die Sexualerziehung. Dazu gehören wissenschaftlich fundierte Informationen über die menschliche Entwicklung, die Anatomie und die reproduktive Gesundheit sowie Informationen über Verhütungsmittel, Entbindung und sexuell übertragbare Infektionen, einschließlich HIV.

Das Parlament ersuchte in seiner Entschließung zur Kriminalisierung der Sexualerziehung in Polen[35] alle Mitgliedstaaten, an Schulen ganzheitliche und altersgemäße Sexualaufklärung für Jugendliche einzuführen. Dies ist für die Verwirklichung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte sowie für die Bekämpfung von geschlechtsspezifischer Gewalt, sexueller Ausbeutung, Missbrauch und ungesunden Verhaltensmustern in Beziehungen von wesentlicher Bedeutung. Die Notwendigkeit eines uneingeschränkten Zugangs zu einer umfassenden Sexualerziehung in allen Grund- und Sekundarschulen ist jetzt dringender denn je, da es immer mehr Fehlinformationen über sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte gibt. Ein Beispiel hierfür ist eine von openDemocracy durchgeführte Untersuchung, die ergab, dass Frauen in der ganzen Welt, einschließlich der EU, vorsätzlich falsch informiert werden, um ihnen den Zugang zu Abtreibungen zu verwehren.[36] Dies gefährdet das Leben von Frauen und behindert ihr Recht auf eine fundierte Entscheidung, weicht aber auch von den Grundprinzipien der Demokratie und des Rechts auf Freiheit und Information ab. Neben der Bekämpfung der zunehmenden Zahl vorsätzlicher Falschinformationskampagnen und -bemühungen ist die umfassende Sexualerziehung auch eines der Instrumente zur Bekämpfung geschlechtsspezifischer Gewalt.

Durch die Empfängnisverhütung können Menschen fundierte Entscheidungen über ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit treffen, und nach Angaben der WHO[37] hat die Verwendung moderner Verhütungsmittel im Jahr 2017 schätzungsweise 308 Millionen ungewollte Schwangerschaften verhindert. Die Situation in Europa zeigt, dass noch Verbesserungsbedarf besteht, wobei es entscheidend ist, zu gewährleisten, dass alle Zugang haben[38]. In den letzten Jahren wurde das Hauptaugenmerk auf HIV/AIDS gelegt, während die Mittel für die Familienplanung und die reproduktive Gesundheit zurückgegangen sind. Dies ist gefährlich und könnte schwerwiegende Folgen nach sich ziehen[39]. Der Zugang zu modernen Verhütungsmethoden ist Teil des Grundrechts auf Gesundheit und muss daher allen Menschen im reproduktionsfähigen Alter zur Verfügung stehen.

Dem Centre for Reproductive Rights zufolge[40] leben 59 % der Frauen im gebärfähigen Alter in Ländern, die im Allgemeinen Abtreibungen zulassen, und 41 % der Frauen leben unter restriktiven Rechtsvorschriften. In der EU lässt nur ein Mitgliedstaat Abtreibungen unter keinen Umständen zu (Malta), während ein Mitgliedstaat Abtreibungen nur unter sehr eingeschränkten Umständen mit sehr restriktiven Tendenzen zulässt (Polen). Was beunruhigend ist und dringend einer starken Reaktion der EU bedarf, ist der offensichtliche Rückschlag bei den Frauenrechten, wobei das Recht auf eine sichere und legale Abtreibung bei diesen Angriffen eines der Hauptziele ist. Die Einschränkung des Schwangerschaftsabbruchs hat schwerwiegende Folgen. Schätzungen der WHO zufolge finden jedes Jahr ca. 25 Millionen Abtreibungen unter unsicheren Bedingungen statt und haben oft tödliche Folgen. Gesetzliche Abtreibungsbeschränkungen führen nicht zu weniger Abtreibungen, sondern zwingen Frauen, ihr Leben und ihre Gesundheit zu gefährden, indem sie sich einer Abtreibung unter unsicheren Bedingungen aussetzen müssen. Nach Angaben des Guttmacher-Instituts liegt die Abtreibungsrate bei 37 je 1 000 Personen in Ländern, die Abtreibungen ganz verbieten oder nur in Fällen erlauben, in denen das Leben einer Frau gerettet werden kann, und bei 34 je 1 000 Personen in Ländern, in denen Abtreibungen generell zulässig sind. Dies ist ein Unterschied, der statistisch nicht signifikant ist.[41] In der EU führt dies häufig dazu, dass Frauen zur Abtreibung in andere Mitgliedstaaten reisen, wobei sie ihre Gesundheit und ihr Leben aufs Spiel setzen.

Selbst wenn dies rechtlich möglich ist, gibt es Hindernisse beim Zugang zu Abtreibung. Dies führt zu einem Verstoß gegen das Recht auf sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte, aber auch zu Ungleichheiten bei der Verwirklichung der Frauenrechte in der gesamten EU. Eines der problematischsten Hindernisse ist die Verweigerung der medizinischen Versorgung aufgrund persönlicher Überzeugungen, bei der medizinische Fachkräfte häufig keine Abtreibungen durchführen und sich auf ihre persönlichen Überzeugungen berufen. Dadurch wird Frauen nicht nur ihr Recht auf Gesundheit und medizinische Behandlung verwehrt, sondern auch die Frage der öffentlichen Überweisungssysteme aufgeworfen. Laut der Studie des Europäischen Parlaments über die Auswirkungen der Verweigerung aus Gewissensgründen auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte[42] können Angehörige der Gesundheitsberufe häufig die Bereitstellung von Waren und Dienstleistungen verweigern, wenn sie moralische Bedenken haben, zum Beispiel bei der Durchführung von Abtreibungen oder der Verschreibung und dem Verkauf von Verhütungsmethoden oder einer Beratung, indem sie sich weigern, an einer Handlung teilzunehmen, die ihrer Meinung nach mit ihren religiösen, moralischen, philosophischen oder ethischen Überzeugungen unvereinbar ist. In Zukunft sollte sie als Verweigerung der medizinischen Versorgung und nicht als sogenannte Verweigerung aus Gewissensgründen behandelt werden. Zahlreiche Mitgliedstaaten (20+) sehen das Recht auf die sogenannte Verweigerung aus Gewissensgründen vor, das auch in den Instrumenten der Vereinten Nationen und in der Europäischen Menschenrechtskonvention anerkannt wird. Insbesondere handelt es sich dabei nicht um ein absolutes Recht, und der EGMR hat festgestellt, dass es nicht dazu verwendet werden sollte, den Zugang zu Dienstleistungen, auf die sie gesetzlich Anspruch haben, zu sperren. In der Praxis geschieht genau das in der gesamten EU täglich – Frauen haben keinen Zugang zu ihrem gesetzlich gewährten Abtreibungsrecht, da das medizinische Personal ihnen diese medizinische Versorgung verweigert, während öffentliche Krankenhäuser keine öffentlichen Überweisungssysteme einrichten. Dies ist eine offensichtliche und vielschichtige Verletzung und praktische Verweigerung der Ausübung eines bereits erlangten Rechts.

Eine evidenzbasierte und hochwertige Mutterschaftsfürsorge ist eines der wichtigsten Themen dieses Berichts. Die WHO hat eine Empfehlung für eine respektvolle Mutterschaftsfürsorge abgegeben, d. h. Betreuung für alle Frauen in einer Weise, die ihre Würde, Privatsphäre und Vertraulichkeit wahrt, die Freiheit von Schaden und Misshandlung gewährleistet und eine sachkundige Entscheidung und kontinuierliche Unterstützung während der Entbindung und der Geburt ermöglicht. Die Müttersterblichkeit ist ein anhaltendes Problem, insbesondere für Minderheiten und gefährdete Gruppen, und in Situationen, in denen Komplikationen während der Entbindung auftreten, steigt das Risiko einer Morbidität und Mortalität erheblich. Mehr als ein Drittel der Müttersterblichkeit ist auf Komplikationen zurückzuführen, die während der Entbindung, der Geburt oder der unmittelbaren Postpartum-Zeit auftreten[43]. In diesem Zusammenhang wird darauf hingewiesen, dass solche Risiken bei einer hochwertigen Mutterschaftsfürsorge für alle vermieden werden können. Es ist ein Menschenrecht, Zugang zu Gesundheitsdiensten zu haben und keine unmenschliche und erniedrigende Behandlung erfahren zu müssen, und beide fallen in den engsten Bereich der Dienstleistungen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte. Darüber hinaus gibt es immer mehr Berichte über die Gewalt, die Frauen bei der Entbindung in Einrichtungen und bei medizinischen Verfahren in der pränatalen, geburtlichen und postnatalen Pflege erfahren, sowie über gynäkologische und geburtshilfliche Gewalt im Allgemeinen, die zu bekämpfen ist.

Dieser Bericht wird einen umfassenden Beitrag zur Lage der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in der gesamten EU leisten und soll das Engagement der EU für den Schutz der Menschenrechte mit einem Verweis auf das Recht auf Gesundheit, körperliche und geistige Unversehrtheit, Gleichheit, Nichtdiskriminierung, Gesundheit und Bildung bekräftigen. Er bekräftigt, dass Verletzungen oder die Verweigerung des Zugangs zur sexuellen und reproduktiven Gesundheit und zu den damit verbundenen Rechten Menschenrechtsverletzungen und geschlechtsspezifische Gewalt darstellen und es sich daher um eine europäische Herausforderung handelt, die angegangen werden muss; dabei darf nicht von all den Werten und Grundsätzen abgewichen werden, auf denen die Europäische Union gegründet ist, wie Demokratie, Gleichheit und Gewaltlosigkeit.

 


MINDERHEITENANSICHT

11.5.2021

 

eingereicht gemäß Artikel 55 Absatz 4 der Geschäftsordnung

von Margarita de la Pisa Carrión und Jadwiga Wiśniewska

 

 

Dieser Bericht weist weder rechtliche noch formale Genauigkeit auf.

 

Die eigenen Befugnisse werden überschritten, indem Themen wie Gesundheit, Sexualerziehung und Reproduktion sowie Abtreibung und Erziehung angegangen werden, die unter die Legislativbefugnisse der Mitgliedstaaten fallen.

 

Die Abtreibung wird wie ein angebliches Menschenrecht behandelt, das in den internationalen Rechtsvorschriften nicht zu finden ist, was einen Verstoß gegen die AEMR und wichtige bindende Verträge sowie die Rechtsprechung des EGMR und des EuGH darstellt.

 

Im Bericht wird eine ablehnende Haltung gegen die Verweigerung aus Gewissensgründen bei Angehörigen der Gesundheitsberufe geäußert.

 

Es zeigt sich die ideologische Manipulation der Menschenrechte, die allgemeingültig und unveränderlich sind, durch einen internationalen Einfluss, der die Souveränität der Staaten untergräbt und sich auf deren Rechtsvorschriften auswirkt.

 

Freiheit, Gleichheit und Würde der Frau werden missachtet, da der weiblichen Natur mit dem Loslösen der Identität der Frau von ihrem biologischen Geschlecht zuwidergehandelt wird.

 

Durch das ideologische Gender-Programm wird die Frau als Einzelkämpferin in der Opferrolle dargestellt. Sie entkoppelt die Gesundheit vom Leben und priorisiert ein subjektives Wohlergehen, durch das sie Fruchtbarkeit und Mutterschaft eher vernachlässigt.

 

Die 154 Änderungsanträge gegen den Text tragen dazu bei, die Würde der Frau unter uneingeschränkter Achtung des Lebens und des Naturgesetzes als Grundlage und Gewährleistung der Ausübung der eigenen Freiheit und der Menschenrechte zu verteidigen.



STELLUNGNAHME DES ENTWICKLUNGSAUSSCHUSSES (3.03.2021)

für den Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter

zu der Lage im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte in der EU im Zusammenhang mit der Gesundheit von Frauen

(2020/2215(INI))

Verfasserin der Stellungnahme: Pierrette Herzberger‑Fofana

 

VORSCHLÄGE

Der Entwicklungsausschuss ersucht den federführenden Ausschuss für die Rechte der Frauen und die Gleichstellung der Geschlechter, folgende Vorschläge in seinen Entschließungsantrag zu übernehmen:

A. in der Erwägung, dass die COVID-19-Pandemie und die Ausgangsbeschränkungen zu einer Beeinträchtigung des Zugangs zum Bildungswesen und zur Gesundheitsversorgung geführt haben; in der Erwägung, dass dadurch der Zugang zu Empfängnisverhütungsmitteln und zur Sexualerziehung erschwert worden ist und dass Mädchen und Frauen sich in verstärktem Maße dem Risiko ausgesetzt sehen, ungewollt und/oder minderjährig schwanger zu werden sowie Opfer von Genitalverstümmelung oder häuslicher Gewalt zu werden;

B. in der Erwägung, dass die Europäische Union und die Vereinten Nationen die Initiative „Spotlight” gestartet haben, mit der darauf abgezielt wird, gegen Mädchen und Frauen gerichtete Gewalt – einschließlich sexueller Gewalt – zu bekämpfen, und dass in diesem Zusammenhang unter anderem der Zugang zu Sexualerziehung und zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit verbessert werden soll;

C. in der Erwägung, dass Teenagerschwangerschaften mit einem erheblichen Komplikationsrisiko einhergehen und zu den häufigsten Todesursachen bei Mädchen zählen;

D. in der Erwägung, dass die Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung von entscheidender Bedeutung für die sexuelle und reproduktive Gesundheit ist, jedoch in sehr vielen Fällen – insbesondere in entlegenen Gebieten – nach wie vor nicht vorhanden ist;

E. in der Erwägung, dass Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zur grundlegenden Gesundheitsversorgung gehören und unter anderem Folgendes umfassen: umfassende Sexualerziehung und -information sowie vertrauliche und unvoreingenommene Beratung und Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und des Wohlbefindens in Bezug auf Sexualität und Fortpflanzung; Beratung über und Zugang zu einer breiten Palette von modernen Empfängnisverhütungsmitteln; pränatale, geburtshilfliche und postnatale Betreuung; Betreuung durch Hebammen; Geburtshilfe und Versorgung von Neugeborenen; sichere und legale Abtreibungsdienste sowie Betreuung vor und nach einem Schwangerschaftsabbruch, einschließlich der Behandlung von Komplikationen nach einer unsicheren Abtreibung; Prävention und Behandlung von HIV und anderen sexuell übertragbaren Infektionen; Dienste zur Aufdeckung, Verhütung und Behandlung sexueller und geschlechtsbezogener Gewalt; Prävention, Erkennung und Behandlung von Krebserkrankungen des Geschlechtsapparats, insbesondere von Gebärmutterhalskrebs; und Fertilitätsbetreuung und -behandlung;

1. bringt seine Besorgnis darüber zum Ausdruck, dass extremistische Diskurse zunehmen, von denen eine Bedrohung für die Wahrung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte innerhalb und außerhalb der Union ausgeht; bekräftigt, dass die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte auf den Menschenrechten beruhen, grundlegende Aspekte der Menschenwürde darstellen, eine unabdingbare Voraussetzung dafür sind, dass Frauen selbstständig über ihren Körper entscheiden können, und auch künftig von entscheidender Bedeutung für die Gleichstellung der Geschlechter, die Stärkung der Position der Frau in der Gesellschaft und die universelle Gesundheitsversorgung sind; fordert die EU dazu auf, die universelle Achtung und den Zugang zu der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und den damit verbundenen Rechten sowie die vollständige und wirksame Umsetzung des Aktionsprogramms der Internationalen Konferenz über Bevölkerung und Entwicklung, der Erklärung und der Aktionsplattform von Peking und der Abschlussdokumente der zugehörigen Überprüfungskonferenzen sicherzustellen, um auf diese Weise anzuerkennen, dass mit ihnen ein Beitrag zur Verwirklichung aller Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung im Bereich Gesundheit geleistet wird;

2. stellt fest, dass die wirtschaftliche und soziale Teilhabe von Frauen, einschließlich ihres Zugangs zu Bildung, Gesundheit und Beschäftigung, entscheidend für nachhaltige Entwicklung und Wachstum ist;

3. fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, dafür Sorge zu tragen, dass die COVID-19-Pandemie zu keiner Beeinträchtigung des Rechts aller Menschen auf Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte führt, sowie sicherzustellen, dass diese Dienste durch das öffentliche Gesundheitswesen erbracht werden, sowie ferner alle Versuche zu bekämpfen, mit denen darauf abgezielt wird, die Pandemie als Vorwand zu nutzen, um den Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte weiter einzuschränken;

4. fordert, dass schädlichen Praktiken wie der Genitalverstümmelung bei Frauen, der Frühheirat und der Zwangsverheiratung von Kindern unverzüglich ein Ende gesetzt wird; betont, dass Kindes-, Früh- und Zwangsehen ein Verstoß gegen die Menschenrechte sind und häufig dazu führen, dass junge Mädchen einer Gefährdung durch Gewalt, Diskriminierung und Missbrauch ausgesetzt sind; äußert sich zutiefst besorgt darüber, dass mehr als 200 Millionen Mädchen und Frauen weltweit dazu gezwungen wurden, sich einer Genitalverstümmelung zu unterziehen, und dass die durch die COVID-19-Pandemie bedingten Verzögerungen oder Unterbrechungen bei Programmen für Öffentlichkeitsarbeit und Aufklärung über schädliche Praktiken in den nächsten zehn Jahren – im Vergleich zu Schätzungen vor der Pandemie – weltweit schätzungsweise zu 2 Millionen mehr Fällen weiblicher Genitalverstümmelung und 13 Millionen mehr Kinderehen führen werden;

5. weist darauf hin, dass die Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen weltweit als Menschenrechtsverletzung anerkannt ist und es Schätzungen zufolge weltweit 125 Millionen Opfer – davon 500 000 alleine in der Union – gibt; fordert, die Datenerhebung zu verbessern sowie die Weltgesundheitsorganisation (WHO), nichtstaatliche Organisationen und sonstige Organisationen zu unterstützen, die sich dafür einsetzen, der Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen ein Ende zu bereiten; fordert weitreichende und effiziente Bildungs- und Informationskampagnen, um der Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen innerhalb und außerhalb der Union ein Ende zu bereiten;

6. fordert uneingeschränkten Zugang zu körperlicher und psychologischer Versorgung durch Fachpersonal, das interkulturelle Aspekte berücksichtigt; fordert alle Mitgliedstaaten der EU nachdrücklich auf, das Übereinkommen des Europarates zur Verhütung und Bekämpfung von Gewalt gegen Frauen und häuslicher Gewalt zu ratifizieren; fordert die Kommission auf, die Synergien zwischen den internen und externen Programmen der Union zu prüfen, um für einen kohärenten und langfristigen Ansatz zur Beendigung von Genitalverstümmelungen bei Frauen und Mädchen innerhalb und außerhalb der Union zu sorgen; bekräftigt insbesondere seine Forderung, in allen Politikbereichen, insbesondere in den Bereichen Gesundheit, Asyl, Bildung, Beschäftigung sowie in den Kooperations- und Menschenrechtsdialogen mit Drittländern, Maßnahmen zur Prävention von Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen einzubeziehen;

7. ruft in Erinnerung, dass für einige Mädchen, die in der Union leben, ein Risiko einer Genitalverstümmelung besteht, wenn sie – insbesondere während Familienbesuchen – das Herkunftsland ihrer Familie besuchen; vertritt die Auffassung, dass zwischen allen Mitgliedstaaten einschließlich der regionalen und lokalen Gebietskörperschaften unbedingt ein Austausch bewährter Verfahren erfolgen sollte, mit denen darauf abgezielt wird, zu verhindern, dass Mädchen, die in Länder oder Regionen reisen, in denen die Genitalverstümmelung weitverbreitet ist, Opfer dieser Straftat werden; fordert alle Mitgliedstaaten, die dies noch nicht getan haben, dazu auf, spezifische strafrechtliche Bestimmungen zur Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen zu erlassen, sodass Opfer geschützt werden und diese Straftat wirksamer verfolgt werden kann, wenn sie außerhalb des Hoheitsgebiets des jeweiligen Mitgliedstaats begangen wird;

8. fordert Nulltoleranz gegenüber sexueller und geschlechtsspezifischer Gewalt, einschließlich Menschenhandel, Genitalverstümmelung von Mädchen und Frauen, Kindes-, Früh- und Zwangsehen, Zwangsabtreibung, Abtreibung aufgrund des Geschlechts, sexueller und reproduktiver Ausbeutung sowie sexueller Versklavung durch religiösen Zwang;

9. verurteilt sämtliche Verstöße gegen die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte, einschließlich Fällen, in denen kein Zugang zu umfassender Sexualerziehung, Familienplanungsdiensten, Gesundheitsversorgung von Müttern, sicherer und legaler Abtreibung sowie präzisen und objektiven Informationen über die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte gewährt und in der Praxis sichergestellt wird; fordert, dass die Agenda 2030 für nachhaltige Entwicklung und die Ziele der Vereinten Nationen für nachhaltige Entwicklung in Bezug auf Gesundheit (Ziel 3), Bildung (Ziel 4) sowie Geschlechtergleichstellung und die Befähigung von Frauen zur Selbstbestimmung (Ziel 5) verwirklicht werden;

10. ruft die Union dazu auf, die Gesundheits- und Familienplanungszentren in den Partnerländern zu unterstützen, damit dort ein Informationsaustausch stattfinden kann, mit dem darauf abgezielt wird, die Tabus zu brechen, von denen die Themenkreise Menstruation, Sexualität und Fortpflanzung vielfach umgeben sind, wobei auch die jungen Männer umfassend in den Kampf gegen Stereotypen und Tabus einzubeziehen sind; betont, wie wichtig es ist, für eine bessere Verfügbarkeit von Empfängnisverhütungsmitteln in Entwicklungsländern zu sorgen, insbesondere für weibliche Jugendliche, die während einer Schwangerschaft einem höheren Komplikationsrisiko unterliegen; bekräftigt, dass alle Mädchen und Frauen das Recht haben, Entscheidungen im Hinblick auf ihre sexuelle und reproduktive Gesundheit und im Hinblick auf ihr Leben selbstbestimmt, frei und in umfassender Kenntnis der Sachlage zu treffen;

11. weist darauf hin, dass die Qualität der Gesundheitsversorgung von Müttern ein wichtiger Indikator für den Entwicklungsstand eines Landes ist; vertritt die Auffassung, dass Partnerländer im Rahmen der Entwicklungszusammenarbeit dabei unterstützt werden sollten, das Recht auf Gesundheit im Zusammenhang mit Schwangerschaft und Geburt zu verwirklichen, indem menschenwürdige Einrichtungen zur Gesundheitsversorgung von Müttern geschaffen werden, sodass die Kindersterblichkeit sowie die Todesfälle im Zusammenhang mit Komplikationen während der Entbindung wirksam verringert werden;

12. beharrt darauf, dass Programme im Bereich der umfassenden Sexualerziehung von Bedeutung sind, da sie altersgerechte Informationen über Pubertät, den Menstruationszyklus, Schwangerschaft und Geburt, insbesondere über die Empfängnisverhütung sowie die Prävention sexuell übertragbarer Krankheiten liefern; fordert, dass Programme im Bereich der umfassenden Sexualerziehung auch interpersonelle Beziehungen, sexuelle Orientierung, Gleichstellung der Geschlechter, Geschlechternormen, ungleiche Machtdynamik in Beziehungen, Zwang, Gewalt, Achtung der eigenen und fremden Grenzen, Einwilligung und Selbstwertgefühl betreffen sollten; betont, dass Programme im Bereich der umfassenden Sexualerziehung dazu beitragen, Teenagerschwangerschaften und Kinderehen zu verhindern, die dazu führen, dass Mädchen die Schule abbrechen und vom Arbeitsmarkt ausgeschlossen werden; betont, dass die genannten Programme so inklusiv wie möglich gestaltet werden sollten; fordert verstärkte Anstrengungen, damit Mädchen, die Mütter geworden sind, ihre schulische Ausbildung fortsetzen und Abschlüsse erwerben; hebt hervor, dass die Stigmatisierung, denen sich diese Mädchen ausgesetzt sehen, entschlossen bekämpft werden muss;

13. fordert, die Bildungsteilhabe von Mädchen und Frauen sicherzustellen, da Bildung ein unverzichtbares Instrument zur Stärkung der Position der Frau in Wirtschaft und Gesellschaft ist; fordert, gegen den Umstand, dass Mädchen während ihrer Monatsblutung dem Unterricht fernbleiben, entschiedene Schritte zu ergreifen, indem an den Schulen Einrichtungen für die Menstruationshygiene – insbesondere Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung – geschaffen bzw. ausgebaut werden und indem jedwede Stigmatisierung bekämpft wird; betont, dass der Zugang zu einer angemessenen Wasser-, Sanitär- und Hygieneversorgung an Schulen für die Sicherstellung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit – sei es in Bezug auf Verhütung, Schwangerschaft, Entbindung, Schwangerschaftsabbruch, sexuell übertragbare Krankheiten oder Menstruationshygiene – unbedingt erforderlich ist;

14. weist darauf hin, dass die COVID-19-Pandemie und die Ausgangsbeschränkungen zur Schließung von Schulen, zur Isolierung von Mädchen und Frauen und zu steigenden Zahlen von in erheblichem Maß von Missbrauch geprägten Beziehungen, Fällen von körperlicher Gewalt, Teenagerschwangerschaften und Kinderehen sowie erheblichen Einschränkungen beim Zugang zu Unterstützung und zum Gesundheitswesen geführt haben; fordert die EU dazu auf, bei der im Rahmen der globalen Reaktion der EU auf die COVID-19-Pandemie geleisteten Unterstützung für das Gesundheitswesen und die Sozialsysteme in den Partnerländern einen Schwerpunkt auf umfassende Sexualerziehung, Familienplanungsdienste und die Gesundheitsversorgung von Müttern zu legen; erinnert an die Rolle regierungsunabhängiger Organisationen, einschließlich Frauenorganisationen, als Dienstleister und Verteidiger der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte; hebt hervor, dass die genannten Organisationen seitens der EU sowohl finanziell als auch politisch unterstützt werden sollten;

15. fordert, das Potenzial von Kommunikationsinstrumenten wie Radio, Fernsehen und Telefon sowie von digitalen Instrumenten – insbesondere von sozialen Netzen und elektronischen Mitteilungsdiensten – zu nutzen, um den Zugang junger Menschen zur Sexualerziehung zu verbessern und insbesondere ihre Sensibilität im Hinblick auf sexuell übertragbare Krankheiten und die Risiken von Teenagerschwangerschaften zu erhöhen; vertritt die Auffassung, dass in diesem Zusammenhang gegen die Geschlechterungleichheit beim Zugang zu digitalen Diensten sowie gegen Cyber-Mobbing und Gewalt gegen Mädchen und Frauen im Internet angegangen werden muss;

16. weist erneut darauf hin, dass Abtreibungen unter sicheren und legalen Bedingungen in der Gesundheit und den Rechten von Frauen und weiblichen Jugendlichen verankert sind; warnt vor den besorgniserregenden Gegenbewegungen zu den Rechten der Frauen in Bezug auf den eigenen Körper sowohl in Entwicklungsländern als auch in der EU; weist darauf hin, dass nach Angaben der Weltgesundheitsorganisation circa 45 % aller weltweit von 2010 bis 2014 durchgeführten Abtreibungen unsicher waren, von denen fast alle in Entwicklungsländern erfolgten, circa 7 Millionen Frauen pro Jahr in Entwicklungsländern infolge einer unsicheren Abtreibung ins Krankenhaus eingeliefert werden und fast alle mit einer Abtreibung in Verbindung stehenden Todesfälle und Behinderungen verhindert werden könnten, wenn Sexualerziehung erbracht, wirksame Empfängnisverhütungsmittel eingesetzt, sichere und legale Abtreibungen durchgeführt und Komplikationen rechtzeitig behandelt würden; fordert dazu auf, Schranken, die dem Zugang zu einer sicheren Abtreibung entgegenstehen – wie etwa restriktive Rechtsvorschriften, unzureichende Verfügbarkeit von Diensten, hohe Kosten und Stigmatisierung –, zu beseitigen; weist erneut darauf hin, dass laut dem „Contraception Atlas“ (Atlas der Empfängnisverhütung) für das Jahr 2019 jedes der untersuchten Länder mehr tun muss, um den Zugang zu Informationen und Empfängnisverhütungsmitteln zu verbessern, damit die Menschen über den Fortpflanzungsaspekt ihres Lebens selbstbestimmt entscheiden können; betont, dass das Maputo-Protokoll und insbesondere dessen Artikel 14 sowie die Erklärung und die Aktionsplattform von Peking uneingeschränkt umgesetzt werden müssen;

17. fordert, dass dem thematischen Politikbereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte angesichts der dramatischen Auswirkungen der COVID-19-Pandemie auf Frauen und Mädchen in Entwicklungsländern ein höherer Stellenwert im dritten EU-Aktionsplan für die Gleichstellung (GAP III) zuerkannt wird; hebt hervor, wie wichtig es ist, das Recht jeder Person zu stärken und zu fördern, über Angelegenheiten, die mit ihrer Sexualität und ihrer sexuellen und reproduktiven Gesundheit zusammenhängen, die vollständige Kontrolle zu haben und freie und verantwortungsbewusste Entscheidungen in diesen Fragen zu treffen;

18. fordert die Mitgliedstaaten auf, sich in den Schlussfolgerungen des Rates zu den Zielen des dritten Aktionsplans für die Gleichstellung (GAP III), insbesondere im Hinblick auf die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte, zu verpflichten; fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, Umsetzungspläne auf Länderebene zu erstellen, die die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte vorrangig berücksichtigen, und dabei messbare Indikatoren und auch Überwachungsmechanismen einzusetzen; fordert die Delegationen der Union dazu auf, bei ihrer Umsetzung des dritten Aktionsplans für die Gleichstellung (GAP III) Maßnahmen im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte vorrangig zu berücksichtigen;

19. stellt fest, dass regionale und lokale Gebietskörperschaften, da sie der Bevölkerung und der Zivilgesellschaft am nächsten stehen, eine entscheidende Rolle spielen können, um sicherzustellen, dass bei der Umsetzung des Politikbereichs „Sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte“ des dritten Aktionsplans für die Gleichstellung (GAP III) niemand zurückgelassen wird; vertritt die Auffassung, dass – um sicherzustellen, dass niemand zurückgelassen wird – durch den Politikbereich „Sexuelle und reproduktive Gesundheit und damit verbundene Rechte“ des dritten Aktionsplans für die Gleichstellung (GAP III) dafür Sorge getragen werden sollte, dass kein Mädchen und keine Frau aufgrund ihrer Zugehörigkeit zu einer bestimmten sozialen Klasse, ihrer ethnischen Zugehörigkeit, ihrer Religionszugehörigkeit, ihrer Rasse oder einer Behinderung oder aufgrund ihrer sexuellen Orientierung diskriminiert wird;

20. fordert die EU und die Mitgliedstaaten auf, in ihrer Politik zur Entwicklungszusammenarbeit sowie in ihren Instrumenten des auswärtigen Handelns – wie etwa im Instrument für Nachbarschaft, Entwicklungszusammenarbeit und internationale Zusammenarbeit – angemessene und gezielte Mittel für die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte vorzusehen; fordert die Kommission, den Europäischen Auswärtigen Dienst und die Mitgliedstaaten in diesem Zusammenhang dazu auf, die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte im Programmplanungsprozess – einschließlich der gemeinsamen Programmplanung – als Priorität zu berücksichtigen;

21. hebt hervor, dass unbedingt dafür Sorge zu tragen ist, dass bei der Entwicklungszusammenarbeit die Organisationen der Zivilgesellschaft einbezogen werden, die sich in den Entwicklungsländern in vorderster Linie für die Verteidigung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte einsetzen; empfiehlt, den Aspekt der Gleichstellung der Geschlechter sowie der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in die humanitäre Hilfe der EU und der Mitgliedstaaten einzubeziehen, da die medizinische Versorgung im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit zu den Grundbedürfnissen von Menschen in humanitären Notsituationen zählt;

22. vertritt die Auffassung, dass es die Union ermöglichen sollte, dass Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte in die innerstaatlichen Strategien und Maßnahmen der Partnerländer für das Gesundheitswesen aufgenommen werden; weist erneut mit Besorgnis darauf hin, dass der Großteil des ungedeckten Bedarfs an Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit bei Jugendlichen, unverheirateten Personen, LGBTIQ-Personen, Menschen mit Behinderungen, Angehörigen von Minderheiten und ethnischen Minderheiten sowie armen Menschen in ländlichen und städtischen Gebieten besteht; betont, dass Dienste im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte geschlechtergerecht, jugendfreundlich und für alle verfügbar sein sowie auf Rechten beruhen sollten, und zwar unabhängig von Alter, Geschlecht, Geschlechtsidentität, sexueller Orientierung, Rasse, sozialer Schicht, Religion, Familienstand, wirtschaftlichen Ressourcen, nationaler oder sozialer Herkunft oder Behinderungen und auch in humanitären Notsituationen sowie in Konflikt- und Katastrophensituationen;

23. ruft in Erinnerung, dass Frauen in Subsahara-Afrika einem besonders hohen Risiko einer HIV-Infektion ausgesetzt sind, wodurch sich auch das Risiko, an Gebärmutterhalskrebs zu erkranken, erhöht; fordert nachdrücklich, in die Politik im Bereich der öffentlichen Gesundheit und in die Sensibilisierungskampagnen einen Geschlechteraspekt aufzunehmen, um Krankheiten, von denen Mädchen und Frauen in besonderem Maße betroffen sind, geeignet zu berücksichtigen;

24. fordert die Mitgliedstaaten dazu auf, Diskriminierung bei Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte zu bekämpfen und einen intersektionalen Ansatz zu verfolgen, um sicherzustellen, dass Mädchen und Frauen (ungeachtet davon, ob sie sich als transgender oder cisgender identifizieren), nichtbinäre Personen sowie lesbische, bisexuelle und intersexuelle Frauen gleichberechtigten Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und zu den damit verbundenen Rechten haben;

25. fordert die Mitgliedstaaten auf, ein unionsweites und weltweites Verbot der sogenannten Konversionstherapie anzustreben, da es sich dabei um eine schädliche Praxis handelt, mit der gegen die Grundrechte von LGBTIQ-Frauen und -Mädchen verstoßen wird;

26. weist darauf hin, dass Mädchen und Frauen in Regionen, die – beispielsweise aufgrund von bewaffneten Konflikten oder von Naturkatastrophen oder infolge des Klimawandels – von Krisen betroffen sind, einem besonderen Risiko ausgesetzt sind, Opfer von Vergewaltigungen und sexueller Gewalt zu werden; fordert die Europäische Union dazu auf, ihre Anstrengungen gegen den Einsatz von Vergewaltigung als Mittel der Kriegsführung zu intensivieren sowie für die Opfer einen Zugang zu Diensten im Bereich der sexuellen und reproduktiven Gesundheit bereitzustellen;

27. wiederholt seine Forderung an beide Parteien des neuen Abkommens zwischen der EU und der Organisation afrikanischer, karibischer und pazifischer Staaten (OAKPS) sowie an beide Parteien der EU-Strategie für Afrika und an beide Parteien der strategischen Partnerschaft EU-Lateinamerika, sich zur Förderung, dem Schutz und der Umsetzung der sexuellen und reproduktiven Gesundheit und der damit verbundenen Rechte ohne Diskriminierung, Zwang und Gewalt sowie zur uneingeschränkten Umsetzung des Aktionsprogramms der Internationalen Konferenz der Vereinten Nationen zu Bevölkerung und Entwicklung und der Ergebnisse der zugehörigen Überprüfungskonferenzen zu verpflichten; fordert die Kommission dazu auf, beim Aushandeln von Menschenrechtsklauseln für Handelsabkommen die sexuelle und reproduktive Gesundheit und die damit verbundenen Rechte zu berücksichtigen;

28. weist darauf hin, dass Asylsuchende und Flüchtlinge allzu oft Opfer von Menschenhandel, sexueller Gewalt und Zwangsprostitution werden; hebt hervor, dass Asylsuchende und Flüchtlinge sich mit besonderen Schwierigkeiten beim Zugang zur Gesundheitsversorgung für Mütter, zu Empfängnisverhütungsmitteln, zu Abtreibungen sowie zu Diensten, mit denen auf die Prävention von sexuell übertragbaren Krankheiten abgezielt wird, konfrontiert sehen; betont nachdrücklich, dass der wirksame Zugang dieser Menschen zu sexueller und reproduktiver Gesundheit und den damit verbundenen Rechten entscheidend für ihr Überleben ist;

29. fordert, dass die Gestaltungs- und Entscheidungsmacht von Frauen so gestärkt wird, dass sie von ihren Menschenrechten und ihren sonstigen Rechten umfassend Gebrauch machen, einschließlich des Zugangs von Frauen zur Rechtsfähigkeit, beispielsweise durch standesamtliche Registrierung bei der Geburt, der Erbberechtigung in Bezug auf Eigentum für Mädchen und Frauen und des Zugangs zu Land, Kapital und Mikrofinanzierungen; hebt hervor, dass eine derartige Stärkung der Gestaltungs- und Entscheidungsmacht von Mädchen und Frauen im wirtschaftlichen Bereich sich dahingehend positiv auswirken kann, dass ihnen auf diese Weise ermöglicht wird, ihre Rechte in allen Bereichen umfassend wahrzunehmen.


ANGABEN ZUR ANNAHME IM MITBERATENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

25.2.2021

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

20

4

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Anna-Michelle Asimakopoulou, Hildegard Bentele, Dominique Bilde, Catherine Chabaud, Antoni Comín i Oliveres, Ryszard Czarnecki, Charles Goerens, Mónica Silvana González, Pierrette Herzberger-Fofana, György Hölvényi, Rasa Juknevičienė, Beata Kempa, Pierfrancesco Majorino, Erik Marquardt, Norbert Neuser, Janina Ochojska, Jan-Christoph Oetjen, Michèle Rivasi, Christian Sagartz, Marc Tarabella, Tomas Tobé, Miguel Urbán Crespo, Chrysoula Zacharopoulou, Bernhard Zimniok

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Evin Incir

 


 

NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM MITBERATENDEN AUSSCHUSS

20

+

PPE

Anna‑Michelle Asimakopoulou, Hildegard Bentele, Janina Ochojska, Christian Sagartz, Tomas Tobé

S&D

Mónica Silvana González, Evin Incir, Pierfrancesco Majorino, Norbert Neuser, Marc Tarabella

RENEW

Catherine Chabaud, Charles Goerens, Jan‑Christoph Oetjen, Chrysoula Zacharopoulou

ID

Dominique Bilde

VERTS/ALE

Pierrette Herzberger‑Fofana, Erik Marquardt, Michèle Rivasi

THE LEFT

Miguel Urbán Crespo

NI

Antoni Comín i Oliveres

 

4

-

PPE

György Hölvényi

ID

Bernhard Zimniok

ECR

Ryszard Czarnecki, Beata Kempa

 

1

0

PPE

Rasa Juknevičienė

 

Erklärung der benutzten Zeichen:

+ : dafür

- : dagegen

0 : Enthaltung

 

 


ANGABEN ZUR ANNAHME IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

Datum der Annahme

11.5.2021

 

 

 

Ergebnis der Schlussabstimmung

+:

–:

0:

27

6

1

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Mitglieder

Isabella Adinolfi, Simona Baldassarre, Robert Biedroń, Vilija Blinkevičiūtė, Annika Bruna, Margarita de la Pisa Carrión, Rosa Estaràs Ferragut, Frances Fitzgerald, Cindy Franssen, Heléne Fritzon, Lina Gálvez Muñoz, Elżbieta Katarzyna Łukacijewska, Karen Melchior, Andżelika Anna Możdżanowska, Sandra Pereira, Pina Picierno, Sirpa Pietikäinen, Samira Rafaela, Evelyn Regner, Diana Riba i Giner, Eugenia Rodríguez Palop, María Soraya Rodríguez Ramos, Christine Schneider, Sylwia Spurek, Jessica Stegrud, Isabella Tovaglieri, Ernest Urtasun, Hilde Vautmans, Elissavet Vozemberg-Vrionidi, Chrysoula Zacharopoulou, Marco Zullo

Zum Zeitpunkt der Schlussabstimmung anwesende Stellvertreter

Maria da Graça Carvalho, Predrag Fred Matić, Kira Marie Peter-Hansen

 


NAMENTLICHE SCHLUSSABSTIMMUNG IM FEDERFÜHRENDEN AUSSCHUSS

27

+

PPE

Isabella Adinolfi, Maria da Graça Carvalho, Frances Fitzgerald, Cindy Franssen, Elżbieta Katarzyna Łukacijewska, Sirpa Pietikäinen, Christine Schneider, Elissavet Vozemberg-Vrionidi

RENEW

Karen Melchior, Samira Rafaela, María Soraya Rodríguez Ramos, Hilde Vautmans, Chrysoula Zacharopoulou, Marco Zullo

S&D

Robert Biedroń, Vilija Blinkevičiūtė, Heléne Fritzon, Lina Gálvez Muñoz, Predrag Fred Matić, Pina Picierno, Evelyn Regner

VERTS/ALE

Kira Marie Peter-Hansen, Diana Riba i Giner, Sylwia Spurek, Ernest Urtasun

THE LEFT

Sandra Pereira, Eugenia Rodríguez Palop

 

6

-

PPE

Rosa Estaràs Ferragut

ID

Simona Baldassarre, Annika Bruna, Isabella Tovaglieri

ECR

Andżelika Anna Możdżanowska, Margarita de la Pisa Carrión

 

1

0

ECR

Jessica Stegrud

 

Erklärung der benutzten Zeichen:

+ : dafür

- : dagegen

0 : Enthaltung

 

 

Letzte Aktualisierung: 14. Juni 2021
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